Küste in MosambikEin Stück Küste von Mosambik
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Zu dem von Ulrich Magin in der „Unterhaltungs-Beilage“ des „Karlsruher Tagblatt“ vom 19. Juli 1922 gefundenen Artikel über einen bei Beira, Mosambik, gefundenen Riesenkalmar (siehe hierzu Riesenkalmar bei Beira, Mosambik) gibt es einen ausführlicheren Zeitungsartikel des Manchester Guardian vom 8. Juni 1922, der unter anderem direkt aus dem Bericht des ortsansässigen Augenzeugen an den britischen Geo- und Archäologen William Boyd Dawkins zitiert:

 

 

„Von Zeit zu Zeit werden wir durch die Berichte von Seeleuten und durch die an den Küsten der Welt angeschwemmten Überreste daran erinnert, dass das Meer von Kreaturen bewohnt wird, die eine fast fabelhafte Größe haben und völlig anders sind als die Wale und anderen Riesen der Tiefsee die uns vertraut sind. Der folgende Bericht über eine Entdeckung an der Küste von Mosambik ist von besonderem Interesse, weil er von einem Anwohner geschrieben wurde, der den Umgang mit den Ureinwohnern gewohnt ist und zugleich ein kompetenter Beobachter ist. […]

Ein zu den Kopffüßern (d. h. Tintenfische usw.) gehörendes Meeresungeheuer wurde an dieser afrikanischen Küste in der Nähe von Beira von den letzten Stürmen der Tagundnachtgleiche (September 1921) angeschwemmt.

 

Es wurde von den Kaffern* gefunden, die zuerst Angst vor seinem schrecklichen Aussehen hatten und dann darangingen, es für Lebensmittel zu zerschneiden – eine Prozedur, die zwölf Tage dauerte. Unter den Eingeborenen in den Dörfern in der Nähe von Beira war seit einigen Tagen ein seltsames Gerücht im Umlauf. Es wurde gesagt, dass eine riesige Seeschlange (auf Portugiesisch Große Seekobra) seit einiger Zeit entlang der Küste trieb, nachdem sie nach dem großen Sturm im September aus dem Norden gekommen war; dass diese Schlange drei Köpfe hatte (andere Eingeborene sagten, dass sie fünf Köpfe hatte); und dass es so sperrig war wie der Rumpf eines Schleppers.

Ein alter Kaffer-Häuptling teilte mir mit, dass es nur einen riesigen Kopf habe – groß wie die Spitze des Leuchtturms von Macuti –, aber dass es fünf Arme habe, und dass diese Arme die Länge und den Umfang der kleinen wilden Palmen hätten, die auf den Sanddünen entlang der Küste wachsen, auch, dass es zwei Augen hatte, doppelt so groß wie die Lichter eines Motorrads.

 

 

 

 

Mit diesen Aussagen, mehr oder weniger widersprüchlich, vor mir entschied ich mich dazu zum Fundort zu gehen, und nahm einen Fotografen mit. Das ist was ich vorfand. In der schrecklichen Hitze der Sonne und in einem überwältigenden Gestank waren ungefähr zwanzig Kaffer bei der Arbeit, hackten mit ihren Äxten auf eine enorme braune gallertartige Masse, die der Axt widerstanden wie indischer Kautschuk. Es maß sechs Meter (19 ft. 6 in.) lang, drei Meter (9 Fuß 10 Zoll) breit und 1,20 Meter (3 ft. 11 in.) hoch. Es wurde von seinem Gewicht im Sand eingebettet. Das Gewicht kann auf sechs bis acht Tonnen geschätzt werden. Es war der hintere Teil des Tieres.

 

Von Zeit zu Zeit mussten die Kaffer ihre Äxte schärfen, weil das Fleisch so schwer zu schneiden war. Dieses Fleisch war ohne Fett und ohne Knochen und war hindurch verdichtet mit groben Fasern. Die Farbe war an einigen Stellen ziegelrot, an anderen gelb. Diese Änderung der Tönung in den Abschnitten könnte aufgrund der Zersetzung, mehr oder weniger ausgeprägt, des Monsters sein. Während sie es zerschnitten, tropften kleine Bäche von hellem Blut von der Haut. Ich beobachtete auf dem Rücken seilartige Massen von scheinbaren Muskelfasern in Girlanden herabhängend und an den Enden verbreitert, wo sie auf dem Sand ruhten. Weiter unten an den Seiten dieser Massen von Fleisch, gab es reliefartige Halbkreise, die an die Fußspuren eines Elefanten erinnerten.

Nachdem mein Begleiter zwei Fotos gemacht hatte, schlugen wir einen hastigen Rückzug an, denn der Geruch des Tieres wäre bald unser Tod gewesen. Keine Armee konnte einem so erstickenden Gas widerstehen, und wenn ein teuflischer Chemiker oder ein „Wohltäter der Menschheit“ in der Lage wäre die Formel für dieses Gift zu finden, gäbe es keinen Krieg mehr. Auch die Kaffer waren in hastiger Flucht. Am nächsten Tag war es bewölkt und ich war in der Lage, beim Zerschneiden des letzten Brockens zu helfen, der um die zwei Tonnen wog. Nachdem es im Loch herumgedreht wurde beobachtete ich einige fleischige Öffnungen, rot wie die Innenseite riesiger Muscheln, und doppelt so groß wie das Mundstück eines Megaphons. Ich habe etwas von dem Fleisch angebrannt. Es wurde braun auf der Oberfläche und verschrumpelte, wie es ein Tintenfisch aus dem Meer würde, wenn man versucht ihn zu rösten. Ich beobachtete keine Spuren von Fett.

 

 

Der "Riesenkalmar" von Beira
Ein Einheimischer steht auf der Fleischmasse des mutmaßlichen Riesenkalmars

 

Das, lieber Herr, ist alles, was ich gesehen und zu berichten habe über die Untersuchung im Besten meines Könnens zu diesem Monster der tropischen Gewässer von Mosambik. Von seiner genauen Länge habe ich keine sicheren Kenntnisse. Die Kaffer, die untereinander stritten, behaupteten als Antwort auf meine Fragen, dass es nur ein Teil des Monsters war, das auf der anderen Seite des Leuchtturms bei Macuti angeschwemmt wurde, dass es als es weiter nordwärts trieb als es ganz war solch und solch eine Länge hatte, dass es seitdem durch einen Dampfer in zwei Teile geschnitten wurde, und dass es zuerst einer Großen Seeschlange ähnelte. Ich hatte gehofft, durch das Aufstellen von Pfählen am Ufer ein Maß, ungefähr exakt, für die Länge des Tiers zu erhalten als es zuerst im Sand nahe Macuti entdeckt wurde, aber die widersprüchlichen Aussagen der Kaffer lassen es zwischen 30 und 50 Metern variieren (98 bis 164 Fuß).

 

 

Küste in Mosambik
Ein Stück Küste von Mosambik

Kein Wal, sondern ein Tintenfisch.

Die beiden oben erwähnten Fotos, eines welches in heutigen Ausgabe publiziert wurde, fügen die weitere Tatsache hinzu, dass diese verstümmelte Masse von Fleisch eine glatte Haut hatte, im Querschnitt oval war, und aus starken und zähen Muskelfasern bestand. Wir können jetzt mit der Zusammenfassung der Beweis fortfahren, zu welchem der Monster der Tiefe das Fragment zugeordnet werden kann. Die Meere von Mosambik waren seit Jahrhunderten die Jagdgründe von Walfänger auf der Suche nach Öl, Walrat, und Ambra, und der Cachalot oder Pottwal – ihre Hauptbeute – misst manchmal mehr als 80ft. Länge.

 

Es könnte vorgeschlagen werden, dass das in Frage stehende Fragment ein Abschnitt eines Wals ist nachdem der Blubber abgezogen wurde. Aber dies wird durch die Tatsache negiert, dass das Fettgewebe und Öl die das Fleisch durchdringen und sogar die Knochen von Walen durch ihre Abwesenheit auffallen. Auch ist es nicht möglich solch einen Abschnitt eines Wals dieser Größe zu machen ohne Einbeziehung der Knochen der Wirbelsäule oder der Flossen. Es gibt keine Knochen. Es ist auch anzumerken, dass die Walfänger nur den Kopf abtrennen und an Bord heben um das Spermaceti zu erhalten und es gewohnt sind den Körper weiter treiben zu lassen, nachdem er vom Blubber getrennt wurde, ohne den Aufwand ihn aufzuschneiden.

 

 

Es kann also nicht einem Wal zugeordnet werden und muss zu einem knochenlosen Monster ohne fettes Gewebe gehören, so wie es repräsentiert wird durch die großen Tintenfische, die die Hauptnahrungsquelle des Cachalot in den Meeren vor Mosambik sind. Wenn die Cachalots harpuniert werden, spuken sie Teile der Arme und Tentakel von Tintenfischen aus, so groß wie Viertelfässer, die abgebissen wurden von Kreaturen von einer Größe, die die Menschheit selten gesehen hat. Es ist eines von diesen, zu denen das Fragment zugewiesen werden muss. Diese Schlussfolgerung wird durch den Bericht der Kaffer bestätigt, die das Monster gesehen haben als es vollständig war. Der enorme Kopf, mit seinen großen, starrenden Augen, „wie die Lichter eines Motorrads“, und die langen Arme und Tentakel um den Kopf sind alle markante Charakteristiken des Tintenfischs.

Das fotografierte Spezimen ist wahrscheinlich ein Teil des hinteren Abschnitts des Biests, bestehend aus einer soliden Masse von Fleisch. Ohne den Schätzungen von Größe und Gewicht unangemessene Bedeutung hinzuzufügen, handelt es sich anzunehmend um ein gut authentifiziertes Fragment des Größten dieser Mollusken, von denen wir bis heute Aufzeichnungen haben.

 

Strandszene Mosambik
Strandszene

 

 

Die tatsächlich übriggelassene Größe des verbleibenden Fragments, nachdem die Kaffer für viele Tage daran gearbeitet hatten, wird in dem Foto durch die nah danebenstehenden Figuren gezeigt. Das ganze Tier – Kopf, Körper und Tentakeln – kann so lang gewesen sein wie die Schätzung meines Korrespondenten. Es gehört wohl zur Gruppe der Riesentintenfische, bekannt als Architeuthis, von der wir ein Beispiel aus den Werken über Conchologie von G.W. Tryon haben.

 

Hier hat das Tier, gefangen vor der Küste von Neufundland, einen Körper 9 Fuß in der Länge und Tentakeln 24 Fuß lang, woraus wir auf die enorme Größe des Individuums schließen können zu dem das Fragment gehörte. Es ist sehr unwahrscheinlich, dass dies das größte seiner Art ist, das auf Entdeckung in den Meeren der Welt wartet.“

 

 

Das im Zeitungsartikel erwähnte Foto ist leider von äußerst schlechter, schwarz-weißer Qualität, so dass man keinerlei Einzelheiten unterscheiden kann. Zu identifizieren sind zwei Männer neben beziehungsweise hinter einer hauptsächlich schwarzen Fläche, von der zumindest der vage Eindruck einer größeren, nicht flachen Masse entsteht.

 

Wie nach heutigem Wissensstand allein angesichts der Ausmaße klar wird, handelt es sich hier eindeutig nicht um einen Riesenkalmar. Analog weiteren Fällen wie dem ausführlich untersuchten „Monster“ von St. Augustine (Florida, USA) aus dem Jahr 1896 (siehe Pierce et al., 2004) und wahrscheinlich auch dem Fall von Baven-on-Sea (Margate, Natal. Südafrika) aus dem Jahr 1924 (siehe Heuvelmans, 1969), handelt es sich hier entgegen der damaligen Einschätzung von Sir Dawkins eben doch um die Überreste eines Wals.


Literatur

A.: „Unterhaltungs-Beilage“ des „Karlsruher Tagblatt“ am 19. Juli 1922

Dawkins, W.B., 1922: “ Manchester Guardian vom 8. Juni 1922

Heuvelmans, B., 1969: „In the Wake of Sea Serpents“, Hill and Wang

Magin, U., 2022: „Freitagnacht-Kryptos: Riesenkalmar bei Beira, Mosambik“; Internet-Publikation auf netzwerk-kryptozoologie.de am 22.07.2022 unter Link

Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel,  2004: „Microscopic, Biochemical, and Molecular Characteristics of the Chilean Blob and a Comparison With the Remains of Other Sea Monsters: Nothing but Whales“. Biological Bulletin 206: 125–133

 


* Anmerkung der Redaktion zum Wort „Kaffer“: 

Der Autor des ursprünglichen Berichtes nutzt das Wort „Kaffer“ für die einheimischen Schwarzen. Diese Bezeichnung stammt vermutlich aus dem Arabischen, wo Kafir für den Angehörigen eines nichtmuslimischen Volkes, u.a. der Xhosa im südlichen Afrika bezeichnet. Lange Zeit war es eine nicht-wertende Bezeichnung für Angehörige südafrikanischer Völker. Der Autor nutzt es jedenfalls so. Wir haben den Eindruck, dass der Autor von den Arbeitern durchaus beeindruckt ist. Er hebt den Fleiß der Leute hervor, die so beharrlich der schweren, stinkenden – und sinnlosen – Arbeit nachgehen, dass sie ihre Äxte regelmäßig schärfen mussten.

Erst in der späten Kolonialphase in der Mitte des 20. Jahrhundert und während der Apartheit wurde es als Schimpfwort verwendet.

Heute verbietet sich die Verwendung dieses Wortes. Wir nutzen es nur als Zitat im historischen Kontext. Uns liegt nichts ferner, als jemanden rassistisch beleidigen zu wollen.

 

Von Markus Hemmler

Markus Hemmler ist hauptberuflich als Bürokommunikationsspezialist im öffentlichen Sektor tätig. Sein persönliches Interesse gilt der Geschichte von meist „Cold Cases“ der aquatischen Monster: der Untersuchung und Identifizierung toter Tierkadaver, die als Meeres- oder Seeungeheuer und dergleichen bezeichnet werden. Durch seine Recherchearbeiten hat er nicht nur zahlreiche „Seeungeheuer“-Fotografien aufgespürt, wie etwa die Orkney-Kadaver von Deepdale Holm und Hunda aus den Jahren 1941/42, des südafrikanischen Trunko aus dem Jahr 1924 und seinem „Sohn“ aus dem Jahr 1930. Auch die extensive Aufarbeitung der Geschichte dieser Fälle, darunter des Cape-May-Kadavers von 1921, des Suez-„Seeelefant“ von 1950 und des Gourock-„Monsters“ von 1942. zählen zu seinem Werk. Darüber hinaus hat ermittelt Hemmler mit großem Interesse auch an den wenigen deutschen U-Booten aus dem Weltkrieg, die Verbindungen zu Seeungeheuern haben.