Auch dies ging durch die Tagespresse: Vor Rügen sind seit Anfang Oktober 26 Kegelrobben tot angeschwemmt oder geborgen worden. Laut Pressemeldungen sind die meisten Kadaver zwischen Lodde und Thiessow gefunden worden. Eine solche Häufung von Totfunden ist natürlich Anlass zur Sorge und zu einer umfangreichen Untersuchung.
Die Kegelrobbe (Halichoerus grypus), engl: Gray Seal
Die Kegelrobbe ist die zweite und größere Robbenart an Deutschlands Küsten. Sie ist das aktuell größte in Deutschland vorkommende Raubtier. Große Männchen erreichen 2,5 m und 300 kg, Weibchen bleiben mit 1,8 m und 150 kg kleiner. Seehund-Männchen erreichen 1,7 m und 150 kg, Seehund-Weibchen 1,4 m und 100 kg. Neben der Größe ist die Kopfform ein gutes Unterscheidungskriterium. Der Kopf der Kegelrobbe läuft spitz zu. Der Schädel geht ohne sichtbare Stirn in die Nase über und fällt nicht, wie beim Seehund deutlich ab. Im Mittelalter waren Seehund und Kegelrobben etwa gleich häufig. Kegelrobben wurden, wie Seehunde auch, als Konkurrenten der Fischer über Jahrhunderte an den deutschen Küsten verfolgt, jedoch konnte der kleinere Seehund den Jagddruck besser kompensieren. Kegelrobben waren in der deutschen Nordsee in der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts fast ausgestorben. 1930 waren sie in der deutschen Ostsee vollständig ausgerottet. Die Nordseebestände begannen Ende des 20. Jahrhunderts vor allem durch Tiere aus Großbritannien wieder zu wachsen. Kolonien, in denen Jungtiere geboren werden, gibt es heute unter anderem auf der Kachelot-Platte, Terschelling (NL), auf dem Jungnamensand bei Amrum und auf der Düne von Helgoland. Noch 1998 bis 2000 prüften das Bundesamt für Naturschutz, ob eine künstliche Ansiedlung der Kegelrobbe in der deutschen Ostsee möglich sei. Man fand mehrere geeignete Sandbänke und diskutierte, ob man der früheren Insel Stubber Sand aufschütten sollte. Die Kegelrobben kamen der Politik zuvor und nutzten die deutsche Ostsee einfach, jedoch zunächst ohne feste Kolonien zu bilden. 2018 kamen im Greifswalder Bodden seit fast 100 Jahren die ersten Kegelrobbenjunge zur Welt, je nach Quelle beträgt die deutsche Ostseepopulation zwischen 250 und 400 Tieren. |
Bisher (Stand 19.10.24) konnte keine eindeutige Todesursache ermittelt werden. Drei der toten Tiere sind vom Deutschen Meeresmuseum (DMM) mit Sitz in Stralsund obduziert worden. Alle Tiere waren ausgewachsen, um die 150 kg schwer und 2 m lang. Sie waren in gutem Ernährungszustand, auch alle Organe waren gesund. Die Kuratorin des Museums für Meeressäugetiere, Judith Denkinger sagte der Nachrichtenagentur dpa, dass die Tiere zum Teil Wasser in der Lunge gehabt hätten. Dies spreche dafür, dass sie ertrunken seien.
Das Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei (LALLF) in Rostock untersuchte die Tiere mikrobiologisch, diese Untersuchungen laufen noch. Die Wissenschaftler konnten die Vogelgrippe als Ursache für das Ertrinken ausschließen. Das Friedrich-Loeffler-Institut, das an Infektionskrankheiten von Tieren arbeitet, konnte keine tödlichen Infektionen feststellen.
Aber: So einfach ertrinkt eine Robbe nicht. Über die Gründe gibt es zur Zeit nur Spekulationen, so könnten die Robben in Reusen geraten und darin ertrunken sein. Fünf der 26 Tiere seien in der Nähe einer Reuse gefunden worden, ob es einen Zusammenhang gibt, ist unklar. So könnte es sein, dass sich die Tiere in der Nähe von Reusen aufgehalten haben, weil sowohl Fischer wie Robben an der gleichen Stelle gute Fänge erwarten.
Das Meeresmuseum in Stralsund hat bei der Polizei Anzeige gegen Unbekannt erstattet, auch weitere Behörden ermitteln.
Im vergangenen Jahr wurden an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns laut DMM insgesamt 43 tote Robben gefunden. Ob es sich dabei nur um die Zahl der Kegelrobben oder auch die wesentlich häufigeren Seehunde handelt, ist in den Presseberichten unklar.
Quellen: