Indonesien ist aufgrund seiner zersplitterten Insellage in den letzten Jahrmillionen ein Hotspot der Evolution und Artenvielfalt geworden. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass sich auch die Hominiden in der Inselwelt aufgespalten haben.
Große Vielfalt von Menschenartigen
Bekannt sind die heute noch lebenden Orang Utans mit drei Arten (der Borneo-Orang-Utan Pongo pygmaeus, der Sumatra-Orang-Utan Pongo abelii und der erst 2017 beschriebene Tapanuli-Orang-Utan Pongo tapanuliensis).Der als Hobbit bekannte Homo floresiensis wurde von der kleinen Insel Flores beschrieben. In mittleren Pleistozän lebten auf anderen Inseln einige geheimnisvolle Taxa, die allgemein als Synonyme von Homo erectus galten.
Lage des Urmenschenmuseums in Sangiram, in der Nähe des Fundortes.
Ein internationales Team um Clément Zanolli, Ottmar Kullmer und Roberto Macchiarelli hat nun Zähne aus Altfunden neu untersucht. Mit erstaunlichem Ergebnis: unter den Altfunden war mindestens eine weitere Hominiden-Art, die nicht in der menschlichen Abstammungslinie liegt.
„In der Vergangenheit gab es aber immer wieder wissenschaftliche Kontroversen über den ‚mysteriösen Hominiden Meganthropus’; aber keine gesicherten Belege für dessen Existenz“, erklärt PD Dr. Ottmar Kullmer vom Senckenberg Forschungsinstitut in Frankfurt und fährt fort: „Bekannt ist, dass Homo erectus sich auf Java zur Zeit des Pleistozäns, vor etwa einer Million Jahre, in Gesellschaft von Vorläufern des heutigen Orang-Utans befand. Wir konnten nun nachweisen, dass es zeitgleich sogar noch eine weitere Menschenaffenart gab.“
An den Zähnen sollst du sie erkennen!
Bei den Zahnuntersuchungen hat das Team um Kullmer die Dicke und Verteilung, aber auch Abnutzungsmuster des Zahnschmelzes analysiert. Bekannt ist, dass sich die Position der Höcker auf den Kauflächen der Backenzähne bei Homo und den Menschenaffen deutlich unterscheiden. Die Art der Nahrung ist ausschlaggebend für die Abnutzungsform des Zahnschmelzes. „Unsere mikro-computertomographischen Untersuchungen und die Analyse des Zahnschmelzes zeigen, dass die Zähne weder zu Homo erectus noch zu Orang-Utans gehören“, erläutert Zanolli und ergänzt: „Es gibt zudem keinerlei Hinweise darauf, dass es sich um Vorfahren des heutigen Menschen handelt.“ Das Abnutzungsmuster der Backenzähne von Meganthropus entspricht dem fossiler und heutiger Orang-Utans. Kullmer hierzu: „Wir gehen daher davon aus, dass sich die ‚wiederbenannte’ Art ähnlich wie die modernen Orang-Utans, hauptsächlich von Früchten und anderen über der Erde wachsenden Pflanzenteilen, ernährte.
Laut der aktuellen Studie gilt es nun als gesichert, dass vor etwa einer Million Jahre – neben Homo erectus – mindestens zwei Hominiden-Gattungen in den Wäldern der heutigen indonesischen Inseln lebten. Eine höhere Vielfalt, als bisher angenommen – „eventuell kommt sogar noch eine weitere Gattung, der als Gigantopithecus bekannte Riesenmenschenaffe, hinzu. Hier fehlt uns bisher aber der eindeutige Nachweis“, schließt der Frankfurter Paläoanthropologe.
Quellen
Clément Zanolli, Ottmar Kullmer, Jay Kelley, Anne-Marie Bacon, Fabrice Demeter, Jean Dumoncel, Luca Fiorenza, Frederick E. Grine, Jean-Jacques Hublin, Nguyen Anh Tuan, Nguyen Thi Mai Huong, Lei Pan, Burkhard Schillinger, Friedemann Schrenk, Matthew M. Skinner, Xueping Ji & Roberto Macchiarelli (2019): Evidence for increased hominid diversity in the Early to Middle Pleistocene of Indonesia. Nature Ecology & Evolution.
DOI: 10.1038/s41559-019-0860-z
Pressemeldung der Senckenberg-Gesellschaft für Naturforschung
Publikation bei Nature ecology & evolution: Evidence for increased hominid diversity in the Early to Middle Pleistocene of Indonesia
Dieser Beitrag erschien erstmals am 9. April 2019 und wird hiermit im Rahmen des Relaunches wieder veröffentlicht.