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Wie bereits berichtet, haben Wissenschaftler eine bisher unbekannte Springaffen-Art aus Südamerika beschrieben. Die Art wurde zu Ehren des peruanischen Primatologen Rolando Aquino Cheracebus aquinoi, auf deutsch Aquino-Springaffe genannt.

 

Springaffen

Lucifer Springaffen Callicebus_lucifer
Der Lucifer-Springaffe Callicebus lucifer in der Natur. Foto: Greentrek.org (CC 2.0)

Springaffen bilden eine relativ unbekannte Unterfamilie der Sakiaffen (Pitheciidae). Sie sind kleine, waldbewohnende Affen, die vorwiegend Früchte fressen und auf Südamerika beschränkt sind. Sie werden im Englischen oft als Titis oder Titi monkeys bezeichnet, ein Name, der auch schon eingedeutscht wurde.

Insgesamt sind bisher 35 rezente und eine in geschichtlicher Zeit ausgestorbene Art beschrieben worden. C. aquinoi bildet die 36. rezente Art.

Alle Springaffen sind eher kleine Tieraffen. Die Arten ähneln sich im Körperbau, unterscheiden sich aber in Größe und Fellfärbung. Sie erreichen je nach Art 23 bis 46 cm Körperlänge. Der Schwanz ist bei allen Arten länger als der Körper und nicht zum Greifen geeignet. Die Hinterbeine sind als Anpassung an eine springende Bewegung verlängert und muskulös. Das Fell ist lang, weich und dicht, in der Regel braun mit rötlichen, schwarzen und weißen Elementen. Der Kopf wirkt im langen Fell eher klein und ist rund. Entsprechend der Größe variiert das Gewicht zwischen 500 g und 1,5 kg. Ein Geschlechtsdimorphismus ist kaum ausgeprägt.

 

Wie leben Springaffen?

Alle Springaffen sind tagaktive Baumbewohner, die schnell und gezielt springen können. Sie leben hauptsächlich von Früchten, gelegentlich von Blättern, Samen, Insekten und anderen Kleintieren. Wenn es genug Nahrung gibt, ziehen sich die Tiere gerne zu einer mittäglichen Ruhephase in dichtes Gestrüpp zurück.

Sie sind territorial und leben in kleinen Gruppen. Die Kerngruppe bildet ein Paar aus Männchen und Weibchen, die oft ihr Leben lang zusammenbleiben. Der gemeinsame Nachwuchs bleibt eine Weile bei ihnen, so dass die Gruppen zwischen zwei und sieben Köpfe stark sein können. Ähnlich wie die asiatischen Gibbons kennzeichnen die Tiere mit morgendlichen Duettgesängen ihr Territorium und nehmen so auch Kontakt zu Nachbarn auf, die auf diese Gesänge antworten. Nur im Notfall verteidigen sie ihr Revier auch physisch.

Akustische Kommunikation ist sehr wichtig. Während der Fellpflege der Nahrungssuche und der Mahlzeiten selber nutzen sie eine Vielzahl von Lauten. Wie in Cartoons sitzen Paare öfters mit verschlungenen Schwänzen da.

Springaffen haben stets nur einzelne Junge. Die Tragzeit beträgt zwischen fünf und sechs Monaten. Entsprechend der Gruppenstruktur kümmert sich der Vater hauptsächlich um das Kind, er trägt es auch. Zur Mutter geht es nur zum Säugen. Etwa mit einem Jahr sind Springaffen ausgewachsen, nach zwei bis drei Jahren verlassen sie die Familiengruppe, um eine eigene zu gründen. In Zoos können sie mehr als 25 Jahre alt werden.

 

Vermutetes Verbreitungsgebiet des Aquino-Springaffe
Vermutetes Verbreitungsgebiet des Aquino-Springaffen bei Iquitos in Peru (Karte nach google)

 

Der Aquino-Springaffe

Die Systematik der Springaffen wird derzeit aktiv überarbeitet. Kannte man früher nur drei Arten, sind heute 36 rezente Arten beschrieben, die man seit 2016 in drei Gattungen stellt. Cheracebus aquinoi, die neu beschriebene Art gehört zu einer Gattung, die eher große Springaffen umfasst und im nordwestlichen Amazonasbecken verbreitet ist. Aktuell umfasst die Gattung sieben Arten, es wäre aber nicht ungewöhnlich, wenn noch weitere Arten zur Beschreibung anstünden. Die Tiere sind meist einfarbig rötlich oder dunkel gefärbt. Sie unterscheiden sich hauptsächlich durch ihr farbiges Halsband und die Gesichtszeichnung.

Springaffen Cheracebus
Cheracebus aquinoi und C. lucifer. Abb. aus der Erstbeschreibung

Cheracebus aquinoi ist die Schwesterart des Lucifer-Springaffen (Cheracebus lucifer) und ähnelt der bekannten Art sehr. Der Aquino-Springaffe lebt zwischen den Flüssen Rio Nanay und Rio Tigre, beides Amazonas-Nebenflüsse in Peru. Man kannte diese Tiere, hat sie jedoch als Lucifer-Springaffen fehlbestimmt.

Von der Schwesterart C. lucifer unterscheidet sich die Art vor allem durch einen cremeweißen Fleck, ähnlich einer Fliege im Halsbereich. Der Lucifer-Springaffen trägt dort eine querverlaufende, weiße Halsbandzeichnung. Die Unterarme sind dunkelbraun, die Handrücken von Cheracebus aquinoi sind cremeweiß (gelb beim Lucifer-Springaffen). Es gibt auch anatomische Unterschiede. Der obere Abschnitt des Nasenbeins ist bei C. aquino breiter als bei C. lucifer. Die Raum zwischen den Unterkieferästen ist von unten gesehen bei Cheracebus aquinoi V-förmig, bei Cheracebus lucifer U-förmig.

 

Gesichtsschädel der Springaffe
Gesichtsschädel der beiden nahe verwandten Springaffen mit Betonung der Form des Nasenbeins. Links C. aquinoi, rechts C. lucifer (Abb. aus der Erstbeschreibung)

 

Es gibt auch diskrete genetische Unterschiede, die aber nicht frei verfügbar sind. Die meisten Leser hier, die damit etwas anfangen können, haben in der Regel über ihren Arbeitgeber Zugang zu den entsprechenden Quellen. Daher nur der Hinweis: ja, es gibt genetische Unterschiede, die eine Trennung der Arten rechtfertigen.

 

Ökologie der Aquino-Springaffen

Wie alle bisher bekannten Springaffen lebt auch der Aquino-Springaffe in Kleinfamilien. Sie sind selten größer als drei bis vier Tiere. Gelegentlich ziehen sie zusammen mit anderen Affenarten, z.B. mit Gruppen des Weißschwanz-Springaffen (Plecturocebus discolor), des Äquatorial-Sakis (Pithecia aequatorialis) und/oder des Rotschultertamarinen (Leontocebus lagonotus) umher.

Die Tiere ernähren sich gattungstypisch von Früchten, Knospen, Blüten, Insekten, Blättern und Samen. Das von einer Familie beanspruchte Revier ist etwa 20 Hektar groß, je nach Lebensraumqualität kann dabei die Individuendichte zwischen 0,3 und 4,8 Exemplaren pro km² schwanken. Die Tiere scheinen sehr wassergebunden zu sein und leben in den Amazonas-Auwäldern, den Várezas, Galerie- und Palmwäldern, aber auch den Varillales, armen Regenwäldern auf Sandböden. Dabei bevorzugen sie die mittlere und obere Kronregion um 15 bis 25 m über dem Boden.


 

Literatur

Edgardo M. Rengifo, Guillermo D’Elía, Gabriel García, Elvis Charpentier, Fanny M. Cornejo „A New Species of Titi Monkey, Genus Cheracebus Byrne et al., 2016 (Primates: Pitheciidae), from Peruvian Amazonia,“ Mammal Study, 48(1), 1-16, (14 October 2022); https://doi.org/10.3106/ms2022-0019

 

Deutschsprachige Wikipedia zu Springaffen, Aquino-Springaffe und Saki-Affen

 

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.