kein HöhlenbärHandelt es sich bei dem Permafrostkadaver tatsächlich um einen Höhlenbären?
Lesedauer: etwa 4 Minuten

Seit gestern geistern Meldungen durch die Nachrichtenportale, in Sibirien habe man einen Bären im Permafrost gefunden und ausgegraben. Den Kadaver habe man untersucht. Soweit sind sich die Medien einig. In anderen Fällen nicht. Da wir auch keine anderen Quellen haben, können wir nicht mit eigenen Daten aufwarten.

 

Gesamtfund
Der erste Permafrostkadaver eines Bären ist sehr interessant

Was bekannt ist

Der Bär wurde bereits 2020 von Rentierzüchtern im Permafrost Ostsibiriens gefunden. Sie fanden ihn auf der Großen Ljachow-Insel, die noch abgelegener ist, als die bekanntere Wrangel-Insel.

 

Gebiss des Permafrost-Bären
Foto vom Fund

 

Auf der benachbarten Kleinen Ljachow-Insel wurde 2013 ein sehr gut erhaltener Mammut-Kadaver mit Muskelgewebe und flüssigem Blut gefunden. Bei dem Maloliachovski-Mammut genannten Tier handelte es sich um ein 2,4 m langes Weibchen, das neben dem Skelett des vorderen Körpers mit Schädel und den Stoßzähnen noch über gut erhaltene Haut mit Fell und einen 181 cm langen Rüssel verfügte. Die Datierung ergab ein Alter von rund 33.000 Jahren.

 

 

Der Bär hatte zum Zeitpunkt des Todes ein Individualalter von 2 bis 3 Jahren, war also noch ein Jungtier, das gerade auf dem Weg in die Selbstständigkeit war. »Dieser Fund ist absolut einzigartig«, sagte Maxim Cheprasov, Laborleiter an der North-Eastern Federal University in Jakutsk zur Nachrichtenagentur Reuters. Bisher konnte man weder Gehirn noch Organe bei einem Bär diesen Alters untersuchen.

Zu Lebzeiten maß die Bärin etwa 1,55 m. Das Gewicht wird mit 78 kg angegeben, wobei unklar ist, ob es sich um das Gewicht der Permafrostmumie oder eine Abschätzung des Lebendgewichtes handelt. Eine Verletzung an der Wirbelsäule war vermutlich tödlich.

Im Magen des Tieres fanden die Forscher Pflanzenmaterial und Federn, was sie als Hinweis auf die letzte Mahlzeit des Tieres deuten.

Soweit die Übereinstimmung der Meldungen.

 

kein Höhlenbär
Handelt es sich bei dem Permafrostkadaver tatsächlich um einen Höhlenbären?

 

3500 oder 39.000 Jahre, Braunbär oder Höhlenbär?

Die Portale von Spiegel.de, n-tv.de und t-online.de geben ein Alter von ca. 3500 Jahren an, lomazoma.com präzisiert das Alter sogar auf 3460 Jahre. Alle diese Portale berufen sich auf die Nachrichtenagentur Reuthers.

Andere Portale wie heute.at nennen ein mehr als zehnfach höheres Alter von 39.000 Jahren. Sie berufen sich unter anderem auf die Sibirian Times, insbesondere auf einen Artikel von 2020 über den Fund des Tieres.

 

 

 

Was stimmt denn nun?

Nach den ersten groben Schätzungen starb die Bärendame im Karginsky Interglazial, die lokale Bezeichnung für das großräumiger nachgewiesene Denekamp-Interstadial. Ein Interstadial ist eine kurze, milde Wärmeperiode in einer Eiszeit. Diese Periode wird ungefähr zwischen 30.000 und 34.000 Jahren vor der Zeitenwende datiert. In den Artikeln der Sibirian Times und anderen Medien war damals von 39.000 Jahren die Rede. Wir hatten das in der entsprechenden Presseschau übernommen.

Wieso Reuthers nun ein Alter von ca. 3500 Jahren meldet, ist uns unbekannt. Eine Pressemitteilung des bearbeitenden „Mammoth Museum laboratory in Yakutsk“ können wir nicht finden. Es ist jedoch davon auszugehen, dass eine C14-Untersuchung stattgefunden hat, die ein solches Alter bestätigt. Daher erscheint das jüngere Alter wahrscheinlicher.

 

Schädel eines Braunbären
Schädel eines Braunbären, Sammlung Museum Wiesbaden, Rassinger & Cammerer CC BY-SA 3.0

 

Kein Höhlenbär

Einige Portale bezeichnen den Fund als Höhlenbär. Dies kann ausgeschlossen werden. Der auf den Bildern erkennbare Schädel ist ein flacher Braunbär-Schädel. Ein Höhlenbär-Schädel ist wesentlich höher gebaut, der Hirnschädel wölbt sich über die Schnauze, fast wie bei einem Bernhardiner.

 

Schädel eines Höhlenbären
Schädel eines Höhlenbären. Sammlung Museum Paris, gemeinfrei

 

Hinzu kommt, dass der Höhlenbär eine europäische Art war. Östlich des kaspischen Meeres wurden Höhlenbären bisher nicht nachgewiesen.
Der Todesstoß für die Annahme ist jedoch die genetische Untersuchung. Die mitochondriale DNA des Kadavers unterscheidet sich quasi nicht von der mtDNA moderner Braunbären aus Mittelsibirien.

 

Hier folgt nun das Video der Untersuchung des Kadavers:

 

 

 

Über weitere Permafrostfunde berichteten wir hier:

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.