U-Boot Augste Piccard 1964Das U-Boot Auguste Piccard von 1964 war als Touristenboot geplant und für die Expo gebaut worden.
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Die Rhone fließt durch den Genfer See und mündet schließlich in einem Delta im Mittelmeer. Bei Lyon, wenn der Fluss sich nach Süden wendet, nimmt er den Strom Saone auf, in den wiederum der aus dem Schweizer Jura kommende Doubs einmündet. In allen Teilen dieses großen Stromsystems sind bereits Seeungeheuer gemeldet worden.

 

Ast im Fluss Rhone
Ein Kandidat für eine Ungeheuersichtung in der Rhone?

 

1934 wurde in dem Doubs ein Tier mit einem „ovalen Körper, einem langen Hals, einem blauen Rücken und gelbem Bauch“ gesichtet. „Es bewegte sich schlängelnd“ (New York Herald Tribune, 20. Juni 1934).

 

Von der Saone munkelt man – und das ist eine typische moderne Sage – von riesigen Welsen, die so groß seien, dass sie Boote versenkten. Einmal seien Taucher an Brückenpfeilern unter Wasser gegangen, dort hätten sie die riesigen Schatten der Fische erschreckt (Fortean Times 46, S. 28).

Die Rhone selbst

In der Rhone selbst (Brief von JJ Barloy, 4. August 1984) sei 1954/1955 ein Seeungeheuer gesichtet worden.

 

Die Rhone teilt sich bei Tarascon in zwei Mündungsarme. In dem Städtchen wird einmal im Jahr das große Modell der Tarasque durch die Straßen getragen, eines Drachens, der die Gegend im Mittelalter unsicher gemacht haben soll.

 

Drachenkopf
Drachenkopf an einem Bauernhof an der Rhone

 

In der Carmargue, zwischen der Mündungsarmen des Stromes, der Grand und der Petit Rhone, liegt die Lagune von Vaccares. Dort soll sich, wie der provenzalische Dichter Joseph d’Arbaut mitteilt, ein Ungeheuer aufgehalten haben.

 

Es gibt aber nicht nur Legenden: Ende Mai, Anfang Juni 1964 fischten Jacques Borelli und sein Sohn bei der Balancelle-Boje in der Mündung der Grand Rhone, als vor ihren Augen eine Seeschlange auftauchte: „Plötzlich sahen wir, einhundert Meter entfernt, … eine Art Baumstamm, von heller Haselnussfarbe, zylindrisch, mit einem abgerundeten Ende. Dieser ‚Baum‘, der etwa 1,80 m aus dem Wasser ragte und rund 30 cm im Durchmesser hatte, war nach vorn geneigt und bewegte sich, ohne dass wir aus der Entfernung ein Kielwasser sehen konnten. Nach 30 Sekunden verschwand er.“ (Bernard Heuvelmans: In the Wake of the Sea Serpents. Hill & Wang, New York 1968, S. 528)

Die Camargue ist eine Landschaft von faszinierender Schönheit – Wo Land und Wasser enden, ist nicht immer eindeutig.

Wellen ohne Wind

„Wellen ohne Wind“ steht auf Landkarten der Renaissance neben manchen Seen (etwa dem Loch Ness oder dem Loch Tay in Schottland). Kryptozoologen deuten das als Anspielung auf Seeungeheuer, doch vermutlich ist hier die Rede von Tsunamis, die durch Seebeben und unterseeische Erdrutsche ausgelöst werden, oder von Seiches, einer Art Ebbe und Flut in Seen, die durch Luft- oder Winddruck erzeugt wird, die das Wasser an eines der Seeufer drückt, wo es dann ansteigt. Lässt der Luftdruck nach, gleicht sich der Wasserspiegel wieder in die Horizontale aus, das Wasser schwappt zurück an das Ufer, das zuvor Niedrigstand hatte – wie in einer Badewanne, die man schräg und dann wieder gerade stellt.

Die maximalen Unterschied zwischen Niedrig- und Hochstand des Wassers nennt man Amplitude. Auf dieses Phänomen, das er aber falsch erklärte und mit reflektierten Kielwellen in Verbindung brachte, erklärte Demon ja seine Beobachtung von Seeungeheuerhöckern im Genfer See.

 

Genfer See
Der Genfer See zwischen den Bergen der Alpen

 

Der Genfer See ist tatsächlich ganz besonders berühmt für Wellen ohne Wind, auf ihm wurde das Phänomen der Seiches zum ersten Mal wissenschaftlich festgestellt (und dann kurioserweise zuerst am Loch Ness und Lake Champlain bestätigt). Aber obwohl die wissenschaftliche Erstbeschreibung (mit der korrekten Erklärung des Phänomens) durch F. A. Forel in seinem Werk Le Léman (der Genfer See) von 1892-95 erfolgte, waren bereits zuvor anekdotische Berichte erschienen. 1730 erwähnt der Stadtingenieur von Genf, Fatio de Dullier, das Wort Seiche zum ersten Mal; der Naturforscher Horace Bénédict de Saussure beobachtete am 3. August 1763 im Genfer See eine Seiche mit einer Amplitude von fast eineinhalb Metern (Gehler: Physikalisches Wörterbuch 1836, S. 738; Alfred Wüst: Unterlagen zur Vorlesung Surface Waves).

Von Erdbeben …

Ein Erdbeben 563 erzeugte eine Flutwelle, die Genf überschwemmte (u.a. https://de.wikipedia.org/wiki/Tauredunum-Ereignis), am 1. März 1584 war der See so zurückgelaufen, dass man ihn trockenen Fußes durchqueren konnte (Volger, S. 73), eine Seiche 1600 hatte eine Amplitude von einem Meter (Annual Review of Fluid Mechanics 1974, S. 17), auch zum Zeitpunkt des großen Erdbebens von Lissabon am 1. November 1755 hatte sich der See „auf einige Augenblicke zurückgezogen“ (Volger, S. 157) – wie übrigens auch der Loch Ness in Schottland.

… und Seichen

1841 fand im Genfer See eine „außergewöhnlich starke externe [das heißt, vom Luftdruck verursachte] Seiche“ statt, sie hatte eine Amplitude von 1,87 m und eine Periode von 73 Minuten: „Der See schaukelte ganze 7 Tage und 17 Minuten.“ (www.ifh.uni-karlsruhe.de/lehre/StudentenLabor/welafi/welafi-kurz.pdf)

 

Nicht anderes als eine Seiche dürfte auch das vom Begründer der Anomalistik, Charles Hoy Fort, geschilderte „plötzliche Steigen und Fallen des Wasserspiegels im Genfer See“ (vermutlich am Schweizer Ufer) am 18. April 1906 gewesen sein (Charles Fort: The Complete Books. New York, Dover 1974, S. 812).

 

Unterwasser UFOs

In Oberitalien sind Monsterphänomene immer begleitet von Sichtungen von Unterwasser-UFOs (ähnliche Sichtungen gibt es auch vom Lake Champlain, Lake Okanagan und vom Poso-See in Indonesien). Eine echtes USO konnte ich am Genfer See noch nicht nachweisen, aber UFOs erscheinen regelmäßig über der Seeoberfläche – Beispiele zu finden war nicht schwer, und ich habe nur eine Buch- und Websuche in englischsprachigen Veröffentlichungen durchgeführt!

 

Radioteleskop
Dient das Radioteleskop hoch über dem Tal der Rhone auch der Kommunikation mit UFOs?

 

Kurz erwähnt sei die Sichtung eines Geisterschiffs im September 1818 – es wird oft vergessen, wie gerade bei heißem Wetter auch Luftspiegelungen gewöhnliche Objekte in Seen in seltsame Erscheinungen verwandeln können. (Helmut Tributsch: Das Rätsel der Götter. Fata Morgana. Frankfurt/Main, Berlin: Ullstein, 1983, S. 85)

 

 

„Von Morges (Genfersee) aus wurde am 6. Mai [1956], von 20.32 bis 20.37 Uhr durch Spaziergänger ein feuriger Ball beobachtet, wie er sich auf den See zu bewegte und schliesslich etwa 100 m vom Ufer ins Wasser fiel. Die Polizei hat die Angelegenheit registriert.“
Gazette du Lausanne‘, 7.5.1956“ (Weltraumbote 8, Juli 1956, S. 17)

 

 

Am 16. August 1958 näherte sich ein helles Licht einem Dutzend Menschen, die sich in perfekten Wetterkonditionen auf einem Boot im Schweizer Teil des Genfer Sees befanden. Das UFO schwebte 15 m über dem Boot. Es hatte die Form einer Untertasse, etwa 10 m im Durchmesser, mit einer Kabine oben und mehreren Fenstern. Die Scheibe um die Kabine herum drehte sich. Als das UFO über dem See stand, erzeugte es eine Strömung, dann „hüpfte“ es in die Luft und schoss „mit unglaublicher Geschwindigkeit“ davon (Jacques Valleé: Passport to Magonia. Henry Regnery, Chicago 1969, S. 272, Fall 469).

Dieses UFO klingt – sollte es sich nicht um einen Schwindel gehandelt haben – unidentifizierbar. Die nächsten UFOs über dem See haben aber sehr wahrscheinlich eine natürliche Erklärung.

 

Meteore als Ufos?

Am Mittwoch vor dem 26. Juli 1963 sah ein Genfer Major der Fliegerabwehr eine „Feuerkugel“, die zwischen Salève und den Voirons den See in einer Höhe von 12 000 bis 14 000 Metern überflog und dabei eine „Rauchspur“ hinterließ (Basler Nachrichten, 26. Juli 1963; der Ausschnitt wurde mir von Luc Bürgin zur Verfügung gestellt). Vermutlich ein großer Meteor.

 

Meteore
Spuren von Meteoren am Nachthimmel

 

Am 11. August 2004 werden von Montreux in Richtung Vevey-Lausanne mehrere Fotos eines UFOs über der Seeoberfläche aufgenommen. Der Zeuge will ein „Dreieck-UFO“ gesehen haben – besser: drei gelb-orange Lichter – die scheinbar bewegungslos über dem See entstanden. Solche Sichtungen zur Nacht seien am See nicht eben selten. (http://ufologie.net/ufology/montreux11aug2004.htm. Die Seite existiert nicht mehr). Die Fotos zeigen einen typischen Miniatur-Heißluftballon.

 

Am 1. Dezember 2004 um 21:15 Uhr sahen zwei Augenzeugen, die in Lausanne auf einer Brücke standen und auf den Genfer See blickten, „ein ungewöhnliches grünes Objekt“ im Himmel. Es war lautlos, ähnelte aber einem Feuerwerkskörper mit der Form eines Kometen mit Schweif. Der Spezialist erkennt schnell, dass es sich um einen Boliden, einen besonders hellen Meteor, gehandelt hat (www.ufocasebook.com/sparklinggreenufo.html).

 

Formation von Himmelslaternen (Foto: Teamengineer)

 

Am 22. Juli 2006 um 1 Uhr morgens schließlich beobachtete ein Zeuge von seinem Balkon in Genf aus über dem See 17 runde, orangefarbene Lichtkugeln, die in mehreren Kilometern Höhe über dem See standen. Nach 15 Minuten verlöschten sie eine nach der anderen – ein so genanntes „stilles Feuerwerk“, bei dem Lichtkörper an Ballonen aufgelassen werden (HBCC UFO Research: Geneva, Switzerland; www.hbccufo.org).

Reale U-Boote im Genfer See

Es sollte noch erwähnt werden, dass im Genfer See auch reale U-Boot unterwegs sind. Bereits zur Expo 1964 in Lausanne operierte ein Passagier-U-Boot, mit dem während der Weltausstellung über 33 000 Passagiere eine Fahrt in die Tiefen des Sees unternahmen. Auch heute noch operiert ein U-Boot für Touristen (und Forscher), das 3-Mann-U-Boot „Forel“ von Jacques Piccard. Mit 11 Tonnen Wasserverdrängung und 4 Stundenkilometer schnell, hat es bisher 4500 Tauchfahrten unternommen (Süddeutsche Zeitung, 31. Juli 2004, S. V1/1). Im Januar 1998 führte es im See wissenschaftliche Forschungsfahrten durch. (Limnol. Oceanogr. 47(2), 2002, 535-544).

U-Boot Augste Piccard 1964
Das U-Boot Auguste Piccard von 1964 war als Touristenboot geplant und für die Expo gebaut worden.

Von Ulrich Magin

Ulrich Magin (geb. 1962) beschäftigt sich seit seiner Kindheit mit Kryptozoologie, insbesondere mit Ungeheuern in Seen und im Meer. Er ist Mitarbeiter mehrerer fortianischer Magazine, darunter der „Fortean Times“ und Autor verschiedener Bücher, die sich u.a. mit Kryptozoologie befassen: Magischer Mittelrhein, Geheimnisse des Saarlandes, Pfälzer Mysterien und jüngst Magische Mosel.