Seit 1995 erscheint das „CFZ-Yearbook“ des Centres for Fortean Zoology, das ist keine geringe Leistung. In seinem sehr persönlich gehaltenen Vorwort zum vorliegenden Jahresband betont Jon Downes erneut, dass das CFZ keine Dogmen kennt und dass sich Beiträge im Buch durchaus widersprechen können. Einzig „paranormale“ Theorien lehnt er persönlich ab (vermutet aber etwa magnetische Einwirkungen auf das Gehirn der Zeugen, die zu phantastischen Begegnungen führen könnten, das aber sei eben normal und nicht paranormal). Und so ist auch in der Ausgabe 2024/2025 für jeden etwas zu finden – für klassische Kryptozoologen Heuvelman’scher Manier wie auch eher geisteswissenschaftlich orientierte Forscher.
Ich versuche die einzelnen Beiträge möglichst neutral vorzustellen. Bemerkenswert: Zwei der Beiträge stammen von Mitgliedern des Netzwerks für Kryptozoologie!
Inhalt des CFZ-Yearbook 2024/25
- Hans-Jörg Vogel: Findings, Analyses, and Opinions on a Strange “Horn” from Cambodia, eine englische Zusammenfassung der ausführlichen Darstellung eines möglicherweise anomalen Tierhornes, die in „Pterodaktylus“ 19 (2004), S. 6–13 zu lesen war.
- Michaela De Mattei: True believers see more patterns – eine ausführliche Beschreibung einer Sichtung des Beutelwolfs am 3. April 2015 mitsamt einigen Gedanken, dass solche Sichtungen von der Unfähigkeit der Menschen zeugen, mit dem Aussterben des Tieres klar zu kommen sowie der These, dass der Beutelwolf heute noch im Internet lebt, wo ja auch die meisten Sichtungen gemeldet werden, und dass er in diesem Sinne eben noch „lebendig“ ist.
- Chris Forbes und Raven Heather: The usage and expansion of binominal nomenclature. Hier besprechen die beiden Autoren von Heuvelmans und Shuker analysierte Kryptide und geben ihnen, soweit das Heuvelmans und Shuker noch nicht getan haben, lateinische zoologische Namen.
- Floe Foxon: If it’s there, could it be a bear? Um die Vermutung zu untersuchen, dass der amerikanische Schwarzbär (Ursus americanus) in Nordamerika der Auslöser für eine große Anzahl der Sichtungen von Sasquatch und Bigfoot ist, wurden die Sasquatch-Sichtungen mit der Bärenpopulationen in den einzelnen Bundesstaaten/Provinzen der USA und Kanadas korreliert, und zwar unter Berücksichtigung der menschlichen Bevölkerungsdichte und der bewaldeten Fläche. „Die Sasquatch-Sichtungen waren statistisch signifikant mit den Bärenpopulationen korreliert, so dass es im Durchschnitt zu einer Sichtung pro 5000 Bären kommt. Statistische Überlegungen machen es wahrscheinlich, dass es sich bei vielen vermeintlichen Sasquatch-Sichtungen tatsächlich um falsch identifizierte bekannte Arten handelt“ – eben um Bären.
- Ken J. Guhl: Did the Smithsonisan collect Thunderbord Bones in the Late 1800’s? Der Autor spürt einer Randnotiz nach, nach der der amerikanische Forscher Edward William Nelson um 1881 den Beinknochen eines Donnervogels am Yukon in Alaska entdeckt haben soll. Er referiert die Erzählungen um riesigen Adler und findet letztendlich die Grundlage des Berichts – Nelson hatte das Horn eines halbfossilen Moschusochsen, das die Einheimischen für die Krallen des Riesenvogels hielten, zurück nach Washington gebracht.
- Richard Freeman: The Maneaters of Borneo. Eine Übersicht über große, menschenfressende Krokodile auf der Insel Borneo, zwischen 5 und 6 m lang. Quellen sind ein präpariertes Exemplar und vermutlich Presseberichte. Nichts für schwache Nerven.
- David Scott: Frazier Valley: Canada’s other land of Mystery. Ein kurzer Überblick über die Rätsel des Frazier Valley in Britisch Kolumbien – Sasquatch, Lichtkugeln und UFOs.
- Chris Forbes und Raven Heather: The most promising Cryptozoological candidates for success in the near future. Die Autoren listen als sichere Neuentdeckungen der nächsten 30 Jahre auf: 1) Britische Großkatzen, 2) der Beutelwolf, 3) Orang Pendek, 4) neue Walarten, 5) der Kaspische Tiger, 6) Riesenanakondas, 7) Riesenkrokodile, 8) der Yeti, 9) Caborosaurus, 10) die „klassische“ Seeschlange mit vielen Buckeln, 11) Molkele-mbembe, 2) Mapinguari (allerdings nicht, wie von Sanderson und Heuvelmans beschrieben, als südamerikanischer Sasquatch, sondern in der neuen Fassung der Legende als Riesenfaultier), 13) Almasty, 14) riesige Warane in Ostasien und Afrika, und 15) die Lusca der Bahamas als Riesenoktopus, 16) die langhalsige Seeschlange und schließlich 17) Riesenaale.
- David Scott: Highway 413: Such a bad idea. Bei Ontario soll eine neue Autobahn entstehen, die mehrere Biotope zerstören wird – also keine gute Idee.
- Ulrich Magin: The monster of Lake Atter, Austria. Eine erweiterte und um viele Zeugenberichte ergänzte Darstellung der Sichtungen von Seeschlangen und Riesenfischen im Attersee, eine kürzere deutsche Fassung ist auf dieser Homepage erschienen: https://netzwerk-kryptozoologie.de/zur-genese-von-seeschlangen-attersee/
- Jonathan Dowes: Kelpie Tales. In Devon führt eine Brücke über den Bach Cranford Water, an der sich viele paranormalen Phänomene ereignet haben, darunter Erscheinungen gewöhnlicher, aber nicht vorhandener Kühe (treibt man eine Rinderherde über die Brücke und zählt sie, so zählt man immer ein Exemplar mehr als bei Aufbruch und Ankunft).
- H. N. Hurchinson: The great fish-lizards. Der Nachdruck eines populären naturwissenschaftlichen Artikels über Ichthyosaurier aus dem Jahr 1897.
- Shane Kea und Richard Muirhead: Mystery Giant Salamanders of the World. Die Autoren berichten über große und ungewöhnliche Molche – der Riesensalamander der Trinity Alps in Kalifornien, den Tatzelwurm, aber auch über kleine Molche als OOP-Tiere.
- Der Band schließt mit einem Register der Artikel in Richard Muirheads Zeitschrift „Flying Snake“ und dem Jahresbericht des CFZ für 2022.
Ich mag diese CFZ-Yearbooks sehr – neben Beiträgen, die ich erstaunt zur Kenntnis nehme, stehen Artikel, die ich fasziniert und begeistert lese. Und was mir missfällt, wird sicher andere inspirieren. Höchst empfehlenswert!
Jonathan Downes und Richard Muirhead (Herausgeber): CFZ Yearbook 2024/5- Taschenbuch, 214 Seiten ISBN: 978-1909488700
Auch über diesen Amazon-Link erhältlich.