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Fund N/2020

 

Fundort: Newport (Walisisch: Trefdraeth)
Cardigan Bay
County Pembrokeshire
Wales (Großbritannien).

 

Datum: 17. Dezember 2020

 

Detail des Cardigan Bay Kadavers (Foto: Julie LaTrobe)
Detail des Cardigan Bay Kadavers (Foto: Julie LaTrobe)

Der Fund:

Am 17. Dezember  fand Julie LaTrobe zusammen mit anderen am Strand den Kadaver eines ihr unbekannten Tieres. Sie publizierte fünf von ihr gemachten Fotos in die öffentliche Facebookgruppe „Pembrokeshire – I LOVE IT!“ und bat um Hilfe bei der Identifizierung. Sie selbst konnte feststellen, dass es „GROSS“ ist und Knorpel statt Knochen hatte, also vielleicht ein Haifisch… (Facebook-Link).

 

 

Diverse Onlineportale griffen in Folge diesen Fund auf, so zum Beispiel WalesOnline. Auch Julie LaTrobe machte gegenüber dem Portal weitere Angaben (Übers.: Verfasser):

 

 

„Das war ein ziemlicher Fund, wir stöberten eine Weile in den Überresten herum und versuchten herauszufinden, was es war. Ein Teil sah aus wie ein Wirbel, der so groß wie meine Faust war. Es hatte keinen Kopf, den wir sehen konnten, aber ein sehr eindeutiges Becken und etwas, das wie Flossen aussah. Es schien nicht wie Knochen, sondern wie Knorpel, viel blasser und weicher. Der Fund war ein sehr interessanter Höhepunkt eines wunderschönen wilden Spaziergangs entlang der Mündung“.

 

Erstantwort aus den Social Media

Vorschläge von Kommentatoren aus sozialen Medien waren laut WalesOnline eine Art von Hai, Robbe oder ein Schaf. Die Organisation British Divers Marine Life wurde ebenfalls befragt, dort war man sich jedoch angeblich nicht sicher und schlug Delfin oder Schweinswal oder womöglich eine Robbe vor. (https://www.walesonline.co.uk).

 

Cardigan Bay
Blick auf die Cardigan Bay (Foto: Darren Wyn Rees)

 

Tatsächlich wurden bereits im Post von Julie LaTrobe auf Facebook aus Sicht des Autors die richtigen anatomischen Schlüsse gezogen, so schrieb beispielsweise Alwyn Griffiths es gäbe „Teile, die wie Haifischflossen aussehen, aber man müsse ein wenig damit herumspielen, um es richtig herauszufinden. Riesenhaie sehen manchmal ein bisschen so aus“ (Link).
Daniel Jones stellte fest, „wenn es sich um Knorpel und nicht um Knochen handelt, ist diese Größe in unseren Gewässern höchstwahrscheinlich ein Riesenhai“ (Link), wozu die weitere Finderin Evie Yvetteski bekräftigte, es sei „auf jeden Fall Knorpel mit einem Wirbel von etwa 3 Zoll Durchmesser, und eines dieser Fotos zeigt das Becken. Ich vermute also, dass es lebende Junge gebären kann […]“ (Link). Die Diskussionen online werden jedoch sicherlich noch eine Weile weitergehen.

 

Detail des Cardigan Bay Kadavers (Foto: Julie LaTrobe)
Detail des Cardigan Bay Kadavers, sichtbar in der Mitte: Loch mit Muskulatur (Foto: Julie LaTrobe)

Fünf Fotos mit Skelettelementen

Auf den fünf Fotos sind mehrere knorpelige Skelettelemente zu erkennen, unter anderem der pektorale Gürtel (Schultergürtel), Teile eines Kiemenbogens (die verschiedentlich mit „Stoßzähnen“ verglichen werden) und Kiemenstrahlen. Hier näher erläutert werden sollen aber nur zwei der Elemente, der Wirbel und die Brustflosse, anhand denen man am einfachsten die Identifikation als Hai erkennen kann.

 

Wirbelkörper (Foto: Julie LaTrobe)
Wirbelkörper

 

Haiwirbel bestehen aus dem Wirbelkörper, einer kegelförmigen Scheibe mit Wachstumsringen. Es gibt keine transversen- oder spinalen Prozesse (also Quer- oder Dornfortsätze) wie beispielsweise bei Säugetieren. Stattdessen vorhanden ist oben am Wirbel der basidorsale Knorpel des Neuralbogens (mit dem darin verlaufenden Rückenmarksnerv) und paarige basiventrale Knorpel unterhalb des Wirbelkörpers. Im Foto erkennt man den seitlich fotografierten Wirbel mit beiden basidorsalen Knorpeln oder einem basidorsalen- und einem basiventralen Knorpel.

 

Detail des Cardigan Bay Kadavers (Foto: Julie LaTrobe)
Unidentifizierte Skelettelemente

 

Das zweite zu erkennende Skelettelement ist die pektorale Flosse (Brustflosse) am linken Bildrand eines Fotos (oben) sowie auf dem Foto des gesamten Kadavers am rechten Bildrand (unten). Die pektoralen Flossen von Haien bestehen skeletal, vom Körper aus zur Spitze, aus drei basalen, größeren Knorpeln (Propterygium, Mesopterygium, Metapterygium) gefolgt von mehreren unterschiedlichen strahlenartigen Knorpelsegmenten (Proximal, Intermediate, Distal radials) woran sich (hier nicht mehr vorhanden) die Hornstrahlen (Ceratotrichia) anschließen. Aufgrund der Fotoqualität des Gesamtkörperbilds sind die basalen Knorpel zwar zusammenhängend zu sehen, aber leider nicht zu unterscheiden. Besser und deutlich zu erkennen auf beiden Fotos sind die strahlenartigen Knorpelsegmente.

 

Cardigan Bay Kadavers (Foto: Julie LaTrobe)
Der Cardigan Bay Kadaver im Ganzen (Foto: Julie LaTrobe)

In der Gesamtschau handelt es sich also eindeutig um einen größeren Hai. Das Verbreitungsgebiet, die Größe des Kadavers und der skelettalen Elemente, deren Art sowie aufgrund der Häufigkeit von Strandungen ähnlicher Fälle ist der wahrscheinlichste Kandidat für den Cardigan Bay Kadaver der Riesenhai (Cetorhinus maximus).

 

Der Riesenhai ist die zweitgrößte Haiart
Riesenhaie kommen regelmäßig in die irische See.

Danksagung:

Herzlichsten Dank an meinen Freund, den bekannten Autoren und Mitglied dieses Netzwerks, Ulrich Magin, der mich erst auf den Cardigan Bay Kadaver aufmerksam machte!


Quellen

Brunnschweiler, J. (2005). Was Haie sind – Aspekte der Knorpelfischbiologie. Göttingen: Cuvillier Verlag.

Hamlett, William C. ed. (1999). Sharks, Skates, and Rays: the Biology of Elasmobranch fishes. Baltimore: Johns Hopkins University Press.

John, L. (2020). The large mystery creature that washed up on a Welsh beach.

Klimley, A. (2013). The Biology of Sharks and Rays. London: The University of Chicago Press.

Trobe, J. (2020). Beitrag in Facebookgruppe „Pembrokeshire – I LOVE IT!


Dieser Artikel wurde am 29. Dezember 2020 das erste Mal veröffentlicht, nun erneut wegen des Relaunces.

Von Markus Hemmler

Markus Hemmler ist hauptberuflich als Bürokommunikationsspezialist im öffentlichen Sektor tätig. Sein persönliches Interesse gilt der Geschichte von meist „Cold Cases“ der aquatischen Monster: der Untersuchung und Identifizierung toter Tierkadaver, die als Meeres- oder Seeungeheuer und dergleichen bezeichnet werden. Durch seine Recherchearbeiten hat er nicht nur zahlreiche „Seeungeheuer“-Fotografien aufgespürt, wie etwa die Orkney-Kadaver von Deepdale Holm und Hunda aus den Jahren 1941/42, des südafrikanischen Trunko aus dem Jahr 1924 und seinem „Sohn“ aus dem Jahr 1930. Auch die extensive Aufarbeitung der Geschichte dieser Fälle, darunter des Cape-May-Kadavers von 1921, des Suez-„Seeelefant“ von 1950 und des Gourock-„Monsters“ von 1942. zählen zu seinem Werk. Darüber hinaus hat ermittelt Hemmler mit großem Interesse auch an den wenigen deutschen U-Booten aus dem Weltkrieg, die Verbindungen zu Seeungeheuern haben.