Lesedauer: etwa 2 Minuten

Während der letzten Eiszeit existierten auf der Erde noch viele verschiedene Menschenspezies, die damals Afrika, Asien und Europa bewohnten. Die lange Zeit ihrer Entwicklungsgeschichte und die schiere Größe ihres Verbreitungsgebiets führte zu einer Aufspaltung in mehrere, teils mehr, teils weniger eng miteinander verwandte Abstammungslinien.

 

Homo longi
Homo longi, der Schädel des Holotypen und eine mögliche Rekonstruktion. Abb. aus der Erstbeschreibung.

 

Auf Basis eines beeindruckenden Schädelfossils, das nahe der Stadt Harbin im Nordosten Chinas entdeckt wurde, haben Xijun Ni von der GEO University in Hebei und seine Kollegen nun eine neue Menschenart beschrieben, die vor ca. 146.000 Jahren Ostasien bevölkerte. Das sehr große Schädelvolumen von 1.420 ccm ist vergleichbar mit dem des modernen Menschen, mit dem das Fossil auch viele andere Merkmale teilt. Von anderen Homo-Arten unterscheidet sich der Schädel u.a. durch ein langes und niedriges Schädelgewölbe, ein breites und niedriges Gesicht, große und fast quadratische Augenhöhlen, flache und niedrige Wangenknochen und einen flachen Gaumen mit dickem Alveolarknochen, der sehr große Backenzähne trägt.

 

Die neubeschriebene Art trägt den Namen Homo longi, ein lateinisch-chinesisches Mischwort, das soviel wie „Drachenmensch“ bedeutet. Genanalysen sollen nun klären, wie eng die Drachenmenschen mit uns verwandt waren, und ob möglicherweise auch engere Verbindungen zu anderen Frühmenschen, wie Neandertalern oder Denisovanern bestehen. Möglicherweise handelt es sich gar um den ersten fossilen Nachweis eines Denisovaners: dann wäre „Homo longi“ nun der offizielle Artname dieser geheimnisvollen Urzeitbewohner Asiens, die bislang noch nicht formell beschrieben wurden.

 

Link zur Studie:

Massive cranium from Harbin in northeastern China establishes a new Middle Pleistocene human lineage; DOI:https://doi.org/10.1016/j.xinn.2021.100130
Ergänzend und erklärend:
Late Middle Pleistocene Harbin cranium represents a new Homo species; DOI:https://doi.org/10.1016/j.xinn.2021.100132


Am 30.6. haben wir die Erstbeschreibung und die begleitenden Studien genauer untersucht und besprochen.

Es lohnt sich, den Beitrag zu lesen.

 

Dieser Beitrag ist ursprünglich am 26.01.2021 erschienen.

Von Markus Kretschmer

Ich wurde 1984 in Wolfsburg geboren und wuchs in dem beschaulichen Dörfchen Bokensdorf im Landkreis Gifhorn in Niedersachsen auf. Schon in meiner Kindheit begeisterte ich mich für die Urzeit und insbesondere für Dinosaurier. Diese Leidenschaft wurde neu belebt, als ich begann, für meinen Roman „Die weißen Steine“ zu recherchieren, der im Ehrlich Verlag erschienen ist. Ich habe Geschichte, evangelische Religions- und lateinische Sprachwissenschaften studiert und arbeite heute als Ganztagsbetreuer an einer Gesamtschule in Kiel, wo ich meine neue Heimat gefunden habe.