Wissenschaftler des Royal Saskatchewan Museum in Regina, Kanada haben die Ausgrabung eines neuen Tyrannosaurus-Skelettes publiziert. Das Skelett hat den Namen „Scotty“ und die Sammlungsnummer RSM P2523.8 bekommen. Es ist zu etwa 70% vollständig. Paläontologen haben es bereits 1991 entdeckt und bis 1994 ausgegraben. Da es jedoch in extrem harten Sandstein eingebettet war, haben die Präparatoren des Museums sehr lange gebraucht, um es freizulegen.
Nach einigen Studien wurde „Scotty“ jetzt der Öffentlichkeit vorgestellt. Das Skelett ist ab 21. Mai 2019 im T.rex Discovery Center des Royal Saskatchewan Museum in Eastend, Saskatchewan zu besichtigen.
Bei dem Tier handelte es sich um einen wahren König. Es gehörte zum robusten der beiden Phänotypen an – und es war riesig. Zahlreiche Messwerte des Skelettes, unter anderem Schädel, Hüfte und der Extremitäten unterstreichen dies. Sie übertreffen die bekannten Messwerte aller T. rex-Funde und auch aller anderen terrestrischen Therpoden. Scotty brachte es auf über 13 m Länge und wog nach Angaben der Wissenschaftler vermutlich etwa 8800 kg.
Ein ausgewachsenes Tier
Histologische Untersuchungen des Wadenbeins (Fibula) zeigen, dass das Skelett des Tieres ausgewachsen war. Es erreichte das bisher höchste bekannte Lebensalter unter den Tyrannosauriern: 30 Jahre. Das Referenzexemplar „Sue“ (FMNH PR 2081) aus dem Field Museum of Natural History in Chicago galt bisher als der größte Tyrannosaurier. Sue maß (je nach Angabe) 12,3 m bis 12,9 m und wog laut FNMH etwa 6400 kg. Das Tier wurde 28 Jahre alt.
Wie Sue und viele andere untersuchte, große Therpoden hatte Scotty in seinem Leben einige ordentliche Blessuren gesammelt: Das Tier hatte einige gebrochene und verheilte Rippen und Bisswunden am Schwanz. Außerdem litt es unter einer Infektion am Kiefer. Offenbar waren große Raubsaurier nicht gerade zart besaitet.
RSM P2523.8 lässt die Forscher spekulieren, dass bisher gefundenen Skelette auch anderer Dinosaurierarten nicht das erreichbare Größenmaximum anzeigen. Mit anderen Worten: nicht immer werden die größten Vertreter ihrer Art gefunden.
Hintergrund-Info
robuster Phänotyp
Bei Tyrannosaurus rex sind zwei Formen des Körperbaues bekannt, ein robuster und ein graziler Phänotyp oder Morphe. Der robuste Phänotyp ist etwas größer, seine Knochen sind insgesamt schwerer.
Eine Möglichkeit, dieses Phänomen zu interpretieren, geht in Richtung Geschlechtsunterschiede. Ähnlich wie bei modernen Greifvögeln werden die grazilen Exemplare als Männchen und die robusten als Weibchen angesehen. Dies ist jedoch umstritten, wirkliche fossile Hinweise gibt es darauf nicht. Andere Interpretationen gehen in Richtung einer geographischen Verteilung: die robusteren Tiere kamen weiter im Norden vor, analog vieler moderner Tiere, z.B. den Braunbären. Eine dritte Interpretation besagt, dass Tyrannosaurier kurz vor dem Ende des Wachstums noch einmal einen Wachstumsschub bekamen und sich dann noch vom grazilen zum robusten Phänotyp wandelten, eine zweite Pupertät sozusagen.
Jede dieser Interpretationen hat weitreichende Folgen für das Bild der Tyrannosaurier.
Namen und Geschlecht
Bisher sind die Namen, die man individuellen Tyrannosaurus-Skeletten gibt, mehr oder weniger zufällig gewählt. Sie lassen keinen Rückschluss auf das Geschlecht der Tiere zu. Der einzige Tyrannosaurier, dessen Geschlecht sicher bekannt ist, ist B-rex (MOR 1125). Bei diesem Tier ist Weichgewebe erhalten geblieben, auch Calcium-Speichergewebe. Dieses dient dazu, die Produktion von Eierschalen mit Calcium zu versorgen. Bei weiblichen Vögeln kommt dieses Gewebe vor, bei männlichen nicht. Daraus schließen die Forscher, dass es sich bei B-rex um ein Weibchen handelte.
Größe und Gewicht
Bei der Schätzung von Länge und Gewicht von Dinosauriern gibt es oft massive Unterschiede. Bei der Länge spielen zahlreiche Faktoren eine Rolle: Körperhaltung, wieviel Weichteilgewebe zwischen den Wirbeln erwartet wird, also wie dick die Bandscheiben waren.
Da das Gewicht in der dritten Potenz von der Länge abhängt, wirken sich bereits geringe Unterschiede in der Länge massiv im Gewicht aus. Wenn ein 1 m lange (hypothetischer) Dinosaurier 20 kg wiegt, wiegt ein gleich gebauter bei 110 cm Länge bereits 26,62 kg und ein 2 m langes Tier 160 kg.
Hinzu kommen Interpretationen: wie stark waren die Muskeln, wie groß waren die Organe, wieviel Binde- und Fettgewebe hatte das Tier, und bei Dinosauriern: Wie stark waren Knochen und Weichgewebe pneumatisiert?
Ein Abstract des Artikels ist unter https://doi.org/10.1002/ar.24118 zu finden.
Zur Ausstellung von „Scotty“ im T.rex Discovery-Center geht es hier.
Bildnachweis: Tourism Saskatchewan, University of Alberta
Dieser Artikel wurde am 22. März 2019 das erste Mal veröffentlicht und im Rahmen des Relaunches bearbeitet.