Mauricio Antons Bild von SimbakubwaSimbakubwa war ein mächtiges Raubtier, aber 1500 kg wog er nicht!
Lesedauer: etwa 14 Minuten

Die reiche fossile Fauna Kenias ist um eine weitere Art reicher. Die Paläontologen Matthew Borths und Nancy Stevens von der Ohio University beschrieben die Art Simbakubwa kutokaafrika aus dem frühen Miozän vor etwa 20 Millionen Jahren. Auch wenn der Name Bezug auf den Löwen („Simba“ auf Suaheli = Macht oder Löwe) nimmt, hat das neu entdeckte Tier wenig mit den heutigen Löwen gemein.

 

 

Aufgrund der erneuten, starken Medienpräsens von Simbakubwa haben wir diesen Artikel vom 20. April 2019 überarbeitet. Hierbei konnten wir zahlreiche neue Erkenntnisse einpflegen und die damals verwendeten Schätzmethoden zum Gewicht kritisch hinterfragt.
Die Ergebnisse sind die erneute Verwendung wert.

 

Ein Hyaenodont

Ein Hyaenodon steht auf einer Wiese vor Palmen und fletscht die Zähne vom Betrachter abgewandt
Hyaenodon ist die Typusgattung der ganzen Familie, mögliches Aussehen in einem Bild von Heinrich Harder

Schon 2013 forschte der Paläontologe Matt Borths am Nairobi National Museum in Kenia über Hyaenodonten. Diese Tiere stellen eine bis heute etwas rätselhafte Gruppe fleischfressender Säugetiere dar, die möglicherweise mit den heutigen Raubtieren und den Schuppentieren eine eigene Kladde namens Ferae bildet.

Die meisten Hyaenodonten ähnelten oberflächlich modernen Hunden oder Hyänen. Sie waren als Zehen- oder Sohlengänger für schnelles Laufen angepasst, trugen oft vergleichsweise große Schädel mit langen, schmalen Schnauzen. Sie waren spezialisierte Fleischfresser. Die Backenzähne waren als Brech- und Fleischschere ausgebildet, bei ihnen lag der Schwerpunkt auf dem zweiten Backenzahn im Oberkiefer und dem dritten Backenzahn im Unterkiefer. Bei den modernen Raubtieren liegt die Schere weiter vorne, sie wird vom vierten Prämolar im Oberkiefer und dem ersten Backenzahn des Unterkiefers gebildet.

 

Die Hyaenodonten waren eine sehr erfolgreiche Gruppe

Die ersten fossilen Hyaenodonten traten vor 61 Millionen Jahren auf. Sie waren zunächst sehr klein, so war ein in Messel gefundenes Fossil der Gattung Lesmesodon mit etwa 20 cm ausgewachsen. Die größten Formen, zu denen auch die neu entdeckte Art gehört, waren ziemlich sicher größer als heutige Großkatzen. Sie starben im Oligozän in Europa aus, während sie in Afrika und Asien noch bis vor etwa 11 Millionen Jahren überlebten.

 

Lächelnder Mann zeigt einen Unterkieferast mit drei Zähnen, der so breit ist, wie seine Schultern
Matth Borths zeigt den Unterkiefer des neu beschriebenen Fossils. (Duke University)

Die Hyaenodonten waren eine sehr erfolgreiche Tiergruppe, sie besiedelten mit Nordamerika, Europa, Afrika und Asien alle über Landbrücken erreichbaren Kontinente. Hierbei bildeten sie eine Vielzahl von Arten. Die neueste Revision der Gruppe zählt beinahe 100 Gattungen in 12 Gruppen. Die interne Systematik ist jedoch noch nicht ausreichend geklärt.

Dem breiten Publikum wurden die Hyaenodonten durch die BBC-Animationsserie „Walking with beasts – Die Erben der Saurier“ bekannt. Im dritten Teil der Serie, der im späten Oligozän der Mongolei spielt, fressen sie die Todgeburt eines riesigen Huftieres.

 

Simbakubwa kutokaafrika

Bei der Suche nach bisher nicht untersuchten Fossilien in der Sammlung des Museums traf Matt Borths auf Teile des Schädels, Unterkiefers und anderer Knochen. Sie wurden 1978 und 1980 bei einer Ausgrabung an der Fundstelle Meswa Bridge, 1,5 Kilometer nördlich von Muhoroni in Kenia gefunden. Man hatte dort ursprüngliche Affen gefunden: Proconsul meswae. Er ist einer der frühesten bekannten Vertreter der Menschenaffen.

Schädel eines rezenten Löwen und der Unterkiefer von Simbakubwa. Der Unterkiefer ist länger als der ganze Schädel
Schädel eines modernen Löwen (oben) aus Kenia über dem Kieferfragment von Simbakubwa. Auch wenn der Schädel des Hyaenodontiers annähernd doppelt so groß war, wie der rezente Löwe, war das Tier selber „nur“ 15 bis 25% größer. Foto: Matt Borths

Die Forscher fanden damals einen Unterkieferast, einem Oberkieferast, einigen isolierten Zähnen, ein Stück eines Fersenbeines und einzelne Endglieder von Zehen und Fingern. Alle Fossilien können mit großer Sicherheit einem einzelnen Individuum zugeordnet werden. Dieses Tier war vermutlich nicht ganz ausgewachsen.

Die Fundstelle Meswa-Bridge

Die Fundstelle selbst ist sehr ungewöhnlich. Sie liegt in einer Formation, die Muhoroni-Agglomeration genannt wird. Die Muhoroni-Agglomerate sind fein- bis grobkörnige, pyroklastische Sedimente, die weitgehend vulkanischen Ursprungs sind. Sind sie locker, werden sie als Tephra oder vulkanische Asche bezeichnet, verfestigt spricht man von pyroklastischen Gesteinen.

Die Muhoroni-Agglomeration erreicht bis zu 10 m Mächtigkeit und hat als eine weitere Besonderheit sowohl pflanzliche wie tierische Fossilien. Bereits in den 20er und 30er Jahren fand man hier Primatenfossilien wie Proconsul und Xenopithecus. 1979 und 1980 wurde die Fundstelle Meswa Bridge intensiv ausgegraben. Dabei fanden die Forscher weitere Überreste von Primaten, aber auch Rüsseltiere.

 

Nebenfund der Ausgrabung

Bei diesen Ausgrabungen haben sie auch die Überreste von Simbakubwa gefunden. Die Knochen wurden falsch als „Hyaene (?)“ beschriftet, was bei Nicht-Zielarten von Ausgrabungen regelmäßig vorkommt. Sie zeichnen sich durch eine beeindruckende Größe aus, so ist der nicht vollständig erhaltene linke Unterkiefer-Ast länger als der gesamte Schädel eines rezenten Löwen. Auf dem Fossil sind drei Zähne erhalten geblieben: ein Eckzahn, ein Vorbackenzahn und der letzte Backenzahn. Auch im Oberkiefer sind Zähne erhalten geblieben. Aufgrund der sehr geringen Abnutzung gehen die Erstbeschreiber von einem jungen, beinahe erwachsenen Tier aus.

Die Schichten, in denen die Simbakubwa-Fossilien lagen, lassen sich Radiometrisch auf ein Alter zwischen 25,6 bis 23,2 Millionen Jahren datieren. Das entspricht dem unteren Miozän.

 

Probleme der Rekonstruktion von Simbakubwa

Mauricio Antons Bild von Simbakubwa
Simbakubwa war zweifellos ein mächtiger Räuber. (Grafik: Mauricio Anton)

Die Zähne vereinfachen die Rekonstruktion des Tieres deutlich: Simbakubwa „vereint Zahninformationen, ein wenig Schädelinformationen und ein paar Skelettinformationen. So kann man einen Großteil des Materials zu vereinen, das herumschwirrt. Es hilft wirklich, diese ganze Gruppe riesiger Fleischesser zu kontextualisieren“, sagt Borths. Er bezieht sich auch auf das Problem, dass die meisten Hyaenotontier nur durch bruchstückhafte Fossilien überliefert sind.

Gewichtsschätzung anhand von Knochenbruchstücken

Die Bruchstücke von Schädel und Kiefer lassen auf einen sehr großen Kopf und damit ein spektakulär großes Tier schließen. Leider ist nicht viel des Körperskelettes überliefert. So können Borths und Stevens über die tatsächliche Größe von Simbakubwa kutokaafrika nur sehr unsichere Schätzungen abgeben. Sie nutzen drei Methoden, um das Gesamtgewicht des Tieres anhand der vorhandenen Knochen und Zähne abzuschätzen.

  • Methode 1 (Morlo 1999) wurde zur Größen- und Gewichtsabschätzung von Hyaenodontiern des Eozäns aus Nordamerika und Mitteleuropa entwickelt. Sie bezieht sich jedoch nur auf kleine bis mittelgroße Tiere von bis zu 10 kg. Nutzt man diese Methode, erhält man ein errechnetes Endgewicht von 1308 kg.
  • Methode 2 (Friscia & Van Valkenburgh 2010) nutzt die Länge des dritten Backenzahns, um die Körpermaße abzuschätzen. Sie bezieht sich auf Katzenartige, die aber ausreichend Ähnlichkeit im Körperbau haben, so Borths und Stevens. Nutzt man diese Methode, erhält man ein errechnetes Endgewicht von 1554 kg.
  • Methode 3 stammt von Van Valkenburgh 1999 und nutzt ebenfalls die Maße des dritten Backenzahns. Sie bezieht sich ausdrücklich auf Raubtiere über 100 kg. Sie schließt in ihrer Datenbasis stärker und weniger stark spezialisierte Fleischfresser mit ein. Nutzt man diese Methode, erhält man ein errechnetes Endgewicht von 280 kg.

 

Wie lebte Simbakubwa kutokaafrika?

Das Gebiss von Simbakubwa deutet auf eine betont carnivore bis hypercarnivore Lebensweise hin: Die Art war auf Fleisch als Nahrung angewiesen und hat es nur gelegentlich durch pflanzliche Beikost ergänzt. Heutige Raubtiere mit ähnlichem Gebiss nehmen zu mindestens 70% Fleisch zu sich.
Bei heutigen Raubtieren über 21 kg ist in der Regel das Gewicht der Beute ähnlich groß oder größer als das des Jägers. Traf dies auch für Simbakubwa zu, hat das Gewicht einen entscheidenden Einfluss auf die Wahl der Beutetiere.

 

Deutlich mehr als 1000 kg?

Wog Simbakubwa, wie in einigen Schätzungen zu lesen, deutlich mehr als 1000 kg, kommen Anthracotheriidae (ausgestorbene Verwandten der Flusspferde) kleinere Nashörner und Rüsseltiere als Beute in Frage. Eine auf derartige Großsäuger spezialisierte Art nahm eine ökologische Nische ein, die heute nahezu unbesetzt ist.

Über die Art des Ganges bei Simbakubwa herrscht noch Unklarheit. Ein Stück des Fersenbeines ist erhalten, so dass ein Vergleich mit anderen Hyaenodonten möglich ist. Es unterscheidet sich von der Gattung Kerberos, für die Sohlengang rekonstruiert wird. Kerberos war ein mittelgroßer bis großer Hyaenodont, der aus Südfrankreich bekannt ist und vor 38 bis 40 Millionen Jahren lebte.
Eine größere Übereinstimmung gibt es mit der Gattung Hyainailouros, von der ein Fuß vollständig überliefert ist. Er zeigt einen teils ausgebildeten Zehengang (vergleichbar Hund oder Katze), was ihn sehr schnell und beweglich machte und kräftige Sprünge unterstützte. Möglicherweise ist diese Entwicklung auch eine Reaktion auf das unten beschriebene Trockenklima und die Notwendigkeit, in offenen Landschaften große Strecken zurückzulegen.

 

Konkurrenz der Raubtiere

Im Unteren Miozän schloss sich eine Landbrücke durch die Thetys-See, so dass sich in Afrika zwei wesentliche Veränderungen anbahnten. Es wurde trockener, die Wälder wichen zurück, offene Landschaften nahmen ihren Platz ein. Dies zog eine deutliche Größenzunahme einiger pflanzenfressender Säugetiere nach sich. Möglicherweise war Simbakubwa genau auf diese Beutetiere spezialisiert, was seine besondere Größe erklärt.

Doch die Landbrücke hatte noch eine zweite Konsequenz: Raubtiere könnten aus Eurasien nach Afrika einwandern. Die noch relativ kleinen, aber hoch spezialisierten Raubtiere hatten sicher einen starken Einfluss auf die kleine und mittelgroße Fauna Afrikas, so auch kleinere Hyaenodonten (aktuelles Beispiel: Australien).
Dies hätte vermutlich die Wachstumstendenz einiger Pflanzenfresser noch weiter befeuert, den Fleischfresser Simbakubwa eingeschlossen.

Alle Kenntnisse zu Simbakubwa basieren auf einem einzigen Fossil. Daher kann man nicht sagen, ob dies in eine goldene Zukunft als größter Jäger Afrikas oder in eine letztlich tödliche Spezialisierungsfalle führte. Wahrscheinlich ist beides – nacheinander.

 

Schlagartig populär

Diese Riesenmaße lassen aufhorchen. Ein Fleischfresser von über 1,5 t Gewicht und das bei einem nicht ausgewachsenen Tier! Das muss doch der reinste Höllenhund gewesen sein! Dem entsprechend reagieren auch die Sozialen Netzwerke, die Nachricht über dieses Tier wird unkritisch hin und her geschoben.

 


Kommentar: Methoden der Rekonstruktion und wahrscheinliche Ergebnisse

von Tobias Möser

Hinterfragt man die Methoden genauer, so kommen schnell Zweifel an den Maßen auf. Zunächst entsteht der generelle Zweifel, ob ein landbewohnender Fleischfresser von 1500 kg überhaupt in der Lage ist, sich zu ernähren. Die größten, heute lebenden Fleischfresser auf dem Land sind die riesigen Braunbären von Kodiak und Kamtschatka. Sie erreichen in Extremfällen und mit viel Winterspeck 750 kg. Das ist gerade einmal die Hälfte der Schätzung für Simbakubwa kutokaafrika und bezieht sich zudem auf ein Tier mit massigerem Körperbau, das sich einen Großteil der Masse als Winterspeck mit Früchten und Fisch angefressen hat.

 

Vergleich des Körperbaus von Simbakubwa und Panthera leo
Vergleich des Körperbaus von Simbakubwa und einem rezenten Löwenmännchen. Der Mensch ist im gleichen Maßstab wie Simbakubwa, der Löwe wurde auf die Schulterhöhe von Simbakubwa vergrößert. (Bild: Borths/ Anton/ Möser)

Ungeeignete Schätzverfahren?

Recherchiert man ein wenig im Netz, erhält man regelmäßig Abweichungen um ein Vielfaches bei der Gewichtsschätzung von Hyaenodonten. Ich gehe hier davon aus, dass mindestens eine der Methoden, die angewandt werden, fehlerhaft ist oder falsch angewandt wird.

Im Fall von Simbakubwa sehe ich noch ein Möglichkeit: Die Methoden sind möglicherweise richtig, aber Simbakubwa ist das falsche Tier für die Methoden.

Methodencheck

In der Erstbeschreibung von Simbakubwa ziehen die Autoren drei Methoden heran:

Die Methode 1 nach Morlo, 1999 eignet sich nur für kleine bis mittlere Tiere von bis zu 10 kg. Wieso die Erstbeschreiber sie für ein solches Riesenvieh verwenden, erklären sie nicht.

 

Methode 2 nach Friscia & Van Valkenburgh, 2010 eignet sich für Katzenartige. Borths und Stevens legen – nicht zu Unrecht – einen ähnlichen Körperbau vieler Hyaenodontiden und moderner Katzen dar. Die Methode basiert auf der Länge des dritten Backenzahns. Der Bau des Gebisses zwischen Katzenartigen und Hyaenodontiden weicht jedoch stark ab.

 

Auch Methode 3, Van Valkenburgh, 1999 und nutzt die Maße des dritten Backenzahns. Anders als Methode 2 ist sie nicht auf Katzenartige beschränkt, sondern schließt auch weniger spezialisierte Fleischfresser ein, z.B. Hunde- oder Bärenartige. Ein weiterer Vorteil dieser Methode ist, dass sie sich ausdrücklich auf Raubtiere über 100 kg bezieht.

 

Ich gehe davon aus, dass die dritte Methode das beste Ergebnis liefert, aber ich sehe Probleme der unterschiedlichen Zahnsysteme zwischen den rezenten Raubtieren und der Hyaenodonten: Für die Hyaenodonten ist die gegenüber den Raubtieren weiter nach hinten im Gebiss verlagerte Brechschere typisch. Bei den Hyaenodonten sind zumeist der zweite Oberkiefer- und der dritte Unterkiefermolar involviert. Bei den Raubtieren bilden der vierte Prämolar des Oberkiefers und der erste Molar des Unterkiefers diese Formation.

 

Löwe Schädel
Schädel eines Löwen. Foto: Thomas Quine CC BY 2.0

 

Hyaenodon cayluxi
Schädel des Hyaenodonten Hyaenodon cayluxi. Man sieht deutlich, dass Hyaenodonten mehr Vorbackenzähne und Backenzähne haben, als Katzen. Größenschätzungen durch Formeln für Katzen, die auf Zähnen basieren, können folglich keine richtigen Ergebnisse liefern.

 

 

Von Hyaenodonten ist zu wenig bekannt

Von vielen Hyaenodonten ist nur wenig Material überliefert. Man findet hauptsächlich die harten und schweren Schädel- und Kieferknochen, das leichtere postcraniale Skelett fällt oft der Erosion zum Opfer, oder wird – weil nicht zuzuordnen – nicht mit ausgegraben oder landet disartikuliert in einer Kiste mit der Aufschrift „Sonstiges“.

Hinzu kommt, dass Hyaenodonten ein großes Spektrum an Körpergrößen abdeckten, von Wieselgröße bis jenseits rezenter Großkatzen, teilweise sogar innerhalb derselben Gattung. Dies ist zwangsläufig mit unterschiedlichen Proportionen verbunden, die unterschiedliche Gewichtsberechnungen erfordern.
Da ist es verlockend, deren Maße in erprobte Formeln für Katzen- oder Hundeartige einzugeben. Hyaenodonten scheinen aber im Vergleich zu diesen moderneren Räubern einen wesentlich längeren Schädel und vor allem Kieferbereich gehabt zu haben. In nahezu allen wissenschaftlichen Darstellungen werden sie als massig, aber länger als gleichhohe Katzen dargestellt.

Die nächsten Zweifel entstehen, wenn man die Silhouette der Rekonstruktion näher betrachtet. Sie erscheint nicht übermäßig massig, sondern eher gestreckt. Ich habe zum Vergleich einmal die Silhouette eines rezenten Löwen (grün) darüber gelegt und diesen auf die Größe des Hyaenodonten vergrößert.
Simbakubwa ist etwas gestreckter und seine abfallende Hüfte und ein weiter vorgestreckter Kopf fallen auf. Daher dürfte das Gewicht des Körpers etwas unter dem eines gleich langen, hypothetischen Löwen liegen. Hier kommt aber zusätzlich das Gewicht des längeren Schädels und sicherlich auch stärkerer Nackenmuskulatur hinzu.

 

Zahlen bitte! Meine Schätzmethode

Zur weiteren Abschätzung habe ich mich an die Schattenrisszeichnung gehalten, die dem Pressematerial zur Originalarbeit beiliegt. Sie suggeriert als ungefähre Daten eine Schulterhöhe von 1,25 m und eine Kopf-Rumpflänge von 2,60 m (so, wie gezeichnet) bzw. 2,90 m (gestreckt). Dies entspricht etwa dem größten (ausgestorbenen) amerikanischen Löwen, der je gefunden wurde. Hier sind 1,25 m Schulterhöhe und 2,60 m Kopf-Rumpflänge (gestreckt) gemessen worden. Auch ein Liger (Löwe x Tiger Hybrid) kann als Vergleich herangezogen werden. Dieser hat den Vorteil, dass er heute lebt und man ihn relativ einfach wiegen kann. Hier sind Gewichte von über 300 kg bis zu 400 kg bekannt. Hieraus würde sich ein realistisches Gewicht für Simbakubwa von etwa 350 kg bis 450 kg ergeben.

Größenvergleich zwischen Simbakubwa und einem männlichen Königstiger mit einer Schulterhöhe von 0,95 m. Der Mensch ist 1,8 m groß, alle Tiere sind im gleichen Maßstab gezeichnet.

 

Eine andere Möglichkeit ist, aus den gegebenen Maßen zu extrapolieren. Ein männlicher Königstiger mit 95 cm Schulterhöhe und einer KRL von 200 cm bringt etwa 180 bis 230 kg auf die Waage. Dies habe ich in der Silhouetten-Zeichnung dargestellt, Tiger in orange.
Hier kann man einfach extrapolieren (Simbakubwa ist etwa 1,45 mal so lang, 1,19 mal so hoch, die Körperbreite lässt sich nur spekulieren, ich rechne je einmal mit 1,19 und 1,45). Hieraus ergibt sich eine Spanne zwischen 370 kg und 575 kg, am wahrscheinlichsten bei ca. 470 kg.

Anmerkung: Der Wert meiner Schätzung hängt von Simbakubwa ab

Von Simbakubwa kutokaafrika ist nur unwesentlich mehr als ein unvollständiger Oberkieferast bekannt. Daher ist die Rekonstruktion des Körperbaus eine Sache, die bereits deutlich im Unscharfen abläuft. Niemand kann sagen, ob das Tier nicht besonders lange Beine und einen leichten Körperbau wie Geparde oder Karakale hatte, oder vielleicht mit kurzen Beinen und Speckschicht an eine Jagd vom Wasser aus adaptiert war.
Dennoch nutze ich diese Rekonstruktion des Köpers, um daraus ein Gewicht abzuschätzen. Meine Schätzung stellt daher nur eine „leichte Lösung“ dar, die durch neue Funde sofort ad acta gelegt werden könnte.

 

Dennoch: ein Tier von 2,90 m KRL und 1300 bis 1550 kg wäre gebaut wie ein kleines Flusspferd, quasi die Sumo-Ringer-Version eines Raubtieres. Wie dies den Realitätscheck des Autors und das Peer Review überstanden hat, ist mir unklar.


Literatur

Die Originalarbeit:
Matthew R. Borths & Nancy J. Stevens (2019) Simbakubwa kutokaafrika, gen. et sp. nov. (Hyainailourinae, Hyaenodonta, ‘Creodonta,’ Mammalia), a gigantic carnivore from the earliest Miocene of Kenya, Journal of Vertebrate Paleontology, DOI: 10.1080/02724634.2019.1570222

 

Abstract der 1. In der Originalarbeit verwendeten Methode, um das Gewicht des Tieres zu bestimmen:

Michael Morlo (1999) Niche structure and evolutionin creodont (Mammalia) faunas of the European and North American EoceneNiches écologiques et évolution des faunes de créodontes (Mammalia) de l’Eocène de l’Europe et de l’Amérique du Nord, Geobios, DOI: 10.1016/S0016-6995(99)80043-6

Von Tobias Möser

Tobias Möser hat Biologie, Geologie und Wirtschaftswissenschaften studiert. Schon als Kind war er vor allem an großen Tieren, Dinosauriern, später Walen interessiert. Mit der Kryptozoologie kam er erst 2003 in näheren Kontakt. Seit dieser Zeit hat er sich vor allem mit den Wasserbewohnern und dem nordamerikanischen Sasquatch befasst. Sein heutiger Schwerpunkt ist neben der Entstehung und Tradierung von Legenden immer noch die Entdeckung „neuer“, unbekannter Arten. 2019 hat er diese Website aufgebaut und leitet seit dem die Redaktion.