An die Altmühl
Namen wie Solnhofen, Eichstätt, Treuchtlingen, Zandt, Altdorf oder Schamhaupten sind unter Paläontologen weltberühmt. Liegt doch hier der bekannte Plattenkalk aus dem Weißjura dicht an der Oberfläche, so dass er seit Jahrhunderten abgebaut wird. Neben Fliesen für den Innenbereich wurden hier auch Dachplatten und Steinplatten für die Lithographie erzeugt und in alle Welt verschickt. Doch berühmt wurde die Gegend durch die hohe Qualität der Fossilien, allen voran den nur hier gefundenen Urvogel Archaeopteryx.
Eichstätt liegt etwas nördlich von Ingolstadt und ist der zentral Ort des touristischen Altmühltals
Aufgrund der Farbe der Ablagerungen wird das Gestein auch als „Weißjura“ bezeichnet und ist etwa 150 Millionen Jahre alt oder etwas jünger. Zu dieser Zeit war das heutige Altmühltal eine Landschaft aus tropischen Inseln, die sich wie ein Archipel um eine Lagune gruppierten. Diese Inseln waren oft nur sehr klein und durch tiefe Wasserwege getrennt. Zwischen den einzelnen Archipelagos lagen Bereiche offenen Meeres. Vergleiche zu den heutigen Malediven bieten sich an, jedoch war die Inselwelt der Solnhofen-Archipele trockener. Ein tropischer Dschungel konnte sich nicht entwickeln, eher die Inselform der Trocken- oder Dornsavanne mit einzelnen Bäumen und viel Buschwerk.
Obwohl die Landtiere und vor allem die fliegenden Landtiere sehr interessant sind, spielte sich der Großteil des Lebens im Wasser ab. Neben unzähligen Fischarten, die vom monströsen Kugelzahnfisch bis zum sprottenähnlichen Lepidolepis reichen, sind andere Wasserbewohner die häufigsten Fossilen. Das wichtigste Fossil ist sicherlich eine freischwimmende Seelilie, die einem heutigen Haarstern ähnelt, gefolgt von Krebslarven und Ammoniten. Krebse und Fische sind schon deutlich seltener, Landtiere, Flugsaurier oder auch Krokodile findet man als Hobbysucher so gut wie nicht.
Los geht’s!
Begleitet von unserem Autor Markus Kretschmer machte ich mich am Freitagmorgen auf den Weg. Markus war am Abend vorher aus Kiel angereist, sichtbar gezeichnet von den diesmaligen Querelen bei DB-Adventure-Tours. Da wir uns vor Ort aber bewegen wollten, mussten wir wohl oder übel aufs Auto zurückgreifen – die Zugfahrt hätte etwa genauso lange gedauert, wie die Anfahrt aus dem Rheinland und wäre vermutlich deutlich bequemer gewesen. Doch mit Markus im Auto verging die Zeit wie im Flug.
Sobald wir von der Autobahn runter kamen, präsentierte sich das Altmühltal mit seinem ganzen Charme. Die Sonne kam raus und die Bäume zeigten bereits die ersten Herbstfarben. Zunächst waren wir noch auf einer relativ ebenen Hochfläche, die vor allem landwirtschaftlich geprägt ist. Doch deutschlandtypisch fanden sich immer wieder die Bauten mittelständischer Unternehmen dazwischen, teilweise mit klingenden Namen. Der wirklich bayerisch oh nein! der wirklich fränkische Einfluss kam erst, als uns die Straße über sanfte Serpentinen ins Tal führte. Eichstätt ist sicher eine prototypische Stadt für den fränkischen Barock, und alles ist wunderschön restauriert. Auch ohne Fossilien und was es hier sonst noch gibt, ist Eichstätt eine Reise wert.
Kaum waren wir in der Stadt, wurde Markus aktiver. Das Handy stand kaum still, als wir endlich über die Altmühl fuhren. Zur Burg da und da lang und dann dort parken. Gerne, denn in der Innenstadt sind Parkplätze Mangelware, an der Berufsschule war nichts los. Anders als bei meinen letzten Besuchen auf der Willibaldsburg war es diesmal nicht möglich, den ganzen Weg mit dem Auto zurückzulegen. Wegen Bauarbeiten war die wichtigste Zufahrt für den privaten Verkehr gesperrt.
Die Aussicht, nach 5 h im Auto direkt „Hunderte von Höhenmetern, eine Bergetappe bei der Tour de France ist ein Dreck dagegen“ zurücklegen zu müssen, war nur mäßig verlockend. Als dann Sven und Pascal aufkreuzten, sah die Sache schon anders aus. Markus, als Kieler sollte er eigentlich nur topfebenes Land und ein paar Deiche kennen, stapfte munter drauf los, wir anderen folgten. Zum Glück wars dann doch nicht so weit und der Berg weniger hoch, als der Col du Tourmalet und schließlich landeten wir im Burghof der Willibaldsburg.
Die Willibaldsburg
Die Willibaldsburg (ja, es steht jetzt dreimal hintereinander hier.) beherbergt heute die Museen für Ur- und Frühgeschichte. Träger ist heute die Katholische Universität Eichstätt. Ab 2018 war das Museum aufgrund von Finanzierungsproblemen für etwa ein Jahr geschlossen, ein einmaliger Vorgang, dessen Folgen man heute noch sehen kann.
Zum größten Museum des Komplexes gehört das Jura-Museum. In den entkernten Räumen eines Flügels der Burg zeigt man die Vielfalt der Weißjura-Fossilien der Altmühl. Neben einer allgemeinen Sammlung gibt es einen Sammlungsschwerpunkt, der mir besonders entgegenkommt: Fische der Riffe und des offenen Meeres. Ein weiterer Raum birgt das sicherlich berühmteste Fossil der Burg, einen Archaeopteryx, das „Eichstätter Exemplar“. Der Raum ist um den Urvogel herum aufgebaut und befasst sich thematisch mit den Spezialisierungen der Vögel und dem Vogelflug. Eines der spektakulärsten Ausstellungsstücke ist ein (nicht ganz korrekter) Nachbau eines Gastornis, eines Laufvogels aus dem Eozän Deutschlands.
Hat man diesen Raum auf sich wirken lassen (man entdeckt immer wieder etwas Neues), gelangt man wieder in den Hauptraum mit Vitrinen voller zahlreicher und vielfältiger Weißjura-Fossilien, eines schöner als das andere. Sie alle zu beschreiben, würde selbst das Maß eines Web-Artikels sprengen, von Libellen mit einer Flügelspannweite von fast 20 cm, so fein fossilisiert, dass man die Adern in den Flügeln sehen kann. Über Krebse, die es heute in dieser Form nicht mehr gibt, bis zu einem Meeresboden, voll mit Schlangensternen. Auch große Objekte gibt es. Neben einigen Raubfischen, die über einen Meter lang wurden, ist ein 5 m langes Meereskrokodil das spektakulärste Ausstellungsstück.
Eine Nachbildung dieses Krokodils hängt von der Decke, sie jagt Kalmare.
Die Jura-Fische
Als Fischologe bin ich natürlich von den Fischen des Jura fasziniert. Sie nehmen einen eigenen Raum im zweiten Turm der Burg ein. Hier werden ausschließlich „handliche“ Fische zwischen Fingerglied- und Armlänge gezeigt, die in den Lagunen und Riffen des Jurameeres lebten und erhalten blieben. Dabei ist die Erhaltung so gut, dass nicht nur Flossenstrahlen, Schuppen und Knochen in den Fossilien vorliegen. Bei einigen Arten kann man auch Färbung und Zeichnung erkennen.
Das Schnorcheln in diesem Meer wäre sicher traumhaft gewesen. Aber man musste ständig drauf achten, nicht von einem der zahlreichen Krokodile in den Hintern gebissen zu werden.
Riffe durch die Erdzeitalter
Nur ein paar Schritte waren es in eine thematisch völlig andere Ausstellung. Auch wenn sie nur wenige Quadratmeter groß ist, so zeigt sie am Fossil und teilweise auch am Modell, wie sich Riffe während der letzten 550 Millionen Jahre der Erdgeschichte entwickelt haben. Es gab Schwammriffe, von denen einige Pfeiler noch turmhoch über die Täler hier aufragen, Foraminiferen-Riffe und natürlich alle möglichen Formen der Korallenriffe. Anhand der Modelle kann man sich auch etwa vorstellen, wie es damals in den Riffen ausgesehen hat.
Wie es heute in den Riffen aussieht, zeigt der letzte große Raum des Museums. Das Museum zeigt hier mehrere Meerwasser- und ein Süßwasseraquarium. Neben Korallenriffen krabbeln auch Pfeilschwanzkrebse und Seeigel durch die Ausstellung. Die einzigen Süßwasserbewohner sind Knochenhechte aus den USA, deren fossile Verwandte direkt neben dem Aquarium an der Wand hängen.
Mindestens einer der Betreuer hier ist ein ausgezeichneter Meerwasseraquarianer. Die Meerwasserbecken gehören zu den schönsten, die ich bisher in einem Museum gesehen habe. Leider ist das Größte von ihnen dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen. Nach über 40 Jahren muss die Glaskonstruktion erneuert werden. Ein neuer Holzsockel steht bereits und in einem Nachbarraum schwimmen die Fische in einer etwa gleich großen Wanne durch die Korallen. Die Aquarianer konnten die Tiere rechtzeitig umziehen und damit in Zukunft wieder ein großes Riffbecken aufbauen.
Museum für Frühgeschichte
Im anliegenden Museum für Frühgeschichte haben sich die Ausstellungsmacher auf die Spuren des Menschen zwischen der Eiszeit und dem Mittelalter konzentriert. Der Rundgang beginnt mit den Skeletten eines Wollhaarmammut, eines Rentieres und einer Höhlenhyäne. Alle hat man in der unmittelbaren Umgebung im Altmühltal gefunden.
Es folgt eine Darstellung der Lebensweise der Bewohner des Altmühltals in der Antike, germanische Stämme und natürlich die Römer. Der Limes verlief ja ganz in der Nähe. Römische und germanische Funde gab es ebenfalls in einigen Vitrinen zu sehen. Besonders fiel uns ein sehr kunstvoll gefertigtes keltisches Schwert auf, das laut Markus wohl nur zur Zierde getragen wurde. Für den Kampf sei es zu wertvoll gewesen. Ich kann diese Meinung nicht teilen. Gerade im Kampf muss ich mich auf mein Schwert verlassen können, es muss scharf, hart und zäh sein. Je mehr, desto besser. Wieso sollte ich ein Schwert, das diese Eigenschaften optimal erfüllt, zuhause lassen und mich mit einem billigeren Gerät, das nicht so zuverlässig ist, in Lebensgefahr begeben?
Die Willibaldsburg und die MuseenSobald eine normale Anfahrt wieder möglich ist, ist das Jura-Museum ein Museum mit hoher Attraktivität, die 4 von 5 Sternen verdient. Es ist für Kinder, Laien und Fachleute gleichermaßen geeignet und bietet mit Fossilien, Hands-on-Exponaten, Modellen und den Aquarien einiges an Vielfalt, ohne sich zu verzetteln.
Die größten Mankos sind in der noch nicht abgeschlossenen Umgestaltung nach dem zwischenzeitlichen Aus 2019 begründet. Es fehlt ein Museumsshop, in dem man weiterführende Literatur, Fossilien, Mitbringsel etc. kaufen kann. Eine App fürs Handy ist nicht verfügbar, Multimediastationen sind nur in der Vogel-Ausstellung vorhanden.
Mit € 5,- (ermäßigt € 4,-, Stand 2021), Kinder bis 18 Jahren frei, ist der Eintritt erfreulich familienfreundlich.
Web: www.eichstaett.de |
Das Altmühltal
Das Tal des Flüsschens Altmühl und seine Umgebung gilt nicht zu Unrecht als eine der schönsten Gegenden Deutschlands (wo ist es in Deutschland eigentlich nicht schön?). Der Fluss mäandert meist ruhig in seinem Bett dahin, beiderseits von hohen und recht steilen Felswänden begleitet. Mal ist das Tal schmaler, mal breiter, dann macht es auch Platz für kleinere und größere Siedlungen, Dörfer und Städte. Außerhalb der Siedlungen gibt es noch recht gesunde Wälder, die sich mit biologisch interessanten Trockenrasen abwechseln – in der kalkigen Hochebene sind die Lebensbedingungen hart und die Böden karg.
Wie so oft: Wo früher die Menschen arm waren, weil das Land nicht viel hergab, verdient man heute an den Touristen. Dies ist an der Altmühl sehr gut organisiert. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, sich hier touristisch zu betätigen. Entgegen aller Unkenrufe muss man hier nicht so bekloppt sein und den ganzen Tag Steine kloppen und das auch noch gut finden.
Wandern ist hier angesagt, ob zu Fuß, mit dem Rad, dem E-Bike oder dem Kanu. Das tief eingeschnittene, aber steigungsarme Altmühltal ist für alle Wanderer gutmütig, und dennoch bietet nahezu jede Flussbiegung eine neue Aussicht. Insbesondere die E-Bike-Infrastruktur ist gut ausgebaut. In jedem Dorf, oft auch vor Gasthöfen, Restaurants und Hotels gibt es Ladestationen. So kann ein mehr als ein leerer Akku über Nacht wieder aufgeladen werden.
Eichstätt als zentrale Stadt hat noch mehr zu bieten. Als Residenzstadt eines reichen Fürstbischofes zeigt sie viele Gebäude des bayerischen Barockes. Doch auch und gerade die kleinen Gassen in der Altstadt und an der Altmühl laden zum Spazieren und Flanieren ein.
Für Kulturinteressierte stehen die Fürstbischöfliche Residenz oder das Domschatz- und Dizösan-Museum ganz oben auf der Besuchsliste. Für Natur-Interessierte nimmt das Informationszentrum des Naturparkes diesen Platz ein.
Museum Bergér
Nicht in Eichstätt direkt, aber im Altmühltal gibt es noch weitere Museen. Das Museum Bergér ist ein privates Fossilienmuseum. Es liegt etwas abseits von Eichstätt auf der Hochfläche und zeigt eine ungeheure Vielzahl von Weißjura-Fossilien. Darunter sind auch viele weltbekannte Stücke, die man oft in Büchern findet.
Neu im Museum sind Ausstellungen zum Thema „Kristalle, Edelsteine und Schmuck“ sowie „Wald und Flur“. Das „Trockenaquarium“ ist eher als historisches Artefakt zu betrachten. Dieses Museum ist in der Woche am Nachmittag und am Wochenende ganztags geöffnet. Die Eintrittspreise sind sehr niedrig. Dafür hat der Fossilienliebhaber die Chance, sein Geld im Museumsladen auszugeben.
Museum BergérDas private Museum Bergér wurde mit viel Engagement aufgebaut. Es ist in einem typischen Vierseithof gelegen und profitiert(e) von zahlreichen Fossilienfunden beim kommerziellen Abbau des Jurakalkes. Die Fossilien werden meist ohne große Erklärungen präsentiert, eine darüber hinaus gehende Geschichte wird nicht erzählt. Hinzu kommt, dass doch leider zahlreiche Fossilien falsch beschriftet sind.
Öffnungszeiten: Mo – Fr: 13:30 – 17:00 Uhr: Sa – So: 10:00 – 17:00 Uhr
Typische Eintrittspreise: Erwachsene € 3,-; Kinder & Schüler € 1,- Führung auf Wunsch kostenlos!
Adresse: Harthof 1; 85072 Eichstätt, das Museum ist weitgehend barrierefrei |
Dem Museum angeschlossen ist einer der fünf Besuchersteinbrüche an der Altmühl.
Besuchersteinbrücke und Klopfplätze
-
Steinbruch „Auf dem Blumenberg“: Der größte Besuchersteinbruch. Er bietet ein Kiosk mit Werkzeugverleih, überdachte Sitzplätze, Sanitäranlagen mit Frischwasser und einen Waschplatz. Außerdem ist ein Spielplatz für Kinder mit einem Allosaurus-Modell vorhanden. Der Steinbruch ist sehr fündig, hier wurde unter anderem das Berliner Exemplar des Archaeopteryx gefunden. Großfunde sind dennoch selten, aber ohne eine Seelilie oder eine Krebslarve muss hier niemand nach Hause gehen.
Die Eintrittspreise sind mit € 6,- für Erwachsene und € 3,- im mittleren Bereich.
Adresse: Kinderdorfstraße, 85072 Eichstätt - Gemeindesteinbruch Solnhofen: Ein kleinerer Steinbruch, der erst seit kurzem für Besucher geöffnet ist. Er bietet ein Kiosk mit Werkzeugverleih, überdachte Sitzplätze und Sanitäranlagen. Hier werden auch Fossilien verkauft – günstiger gibt es sie nirgendwo! Der Steinbruch ist noch fündiger als der „Blumenberg“, hier findet man vor allem Ammoniten, aber auch Krebslarven und Seelilien. Mindestens zwei der zwölf Archaeopteryx-Funde sowie „Die Feder“ stammen von hier.
Die Eintrittspreise sind mit € 5,- für Erwachsene und € 3,50 für Kinder etwas niedriger, zumal es noch Familienermäßigungen gibt und Kombikarten mit dem Bürgermeister-Müller-Museum im Ort erworben werden können. - Besuchersteinbruch Mühlheim: Ein großer Steinbruch, der seit langem privat für Hobbysammler bewirtschaftet wird. Er schneidet die Mörnsheimer Schichten an, die eine etwas Fauna bieten. Auch hier sind berühmte Funde gemacht worden, mindestens ein Archaeopteryx stammt von hier, ebenso der 2018 neu entdeckte Urvogel Alcmonavis. Der Kiosk bietet auch Werkzeug zum Verleihen an, ebenso überdachte Sitzplätze und eine Grillgelegenheit. Er hat die beste Aussicht aller Besuchersteinbrüche.
Die Eintrittspreise sind mit € 8,- für Erwachsene und € 4,50 für Kinder die höchsten der Gegend. In der Vergangenheit gab es bei wertvolleren Funden mehrfach Ärger zwischen Steinbruchbesitzer und Finder. -
Fossiliensteinbruch Schamhaupten: Ein kleiner, unbewachter Steinbruch, der ein ganzes Stück von Eichstätt entfernt liegt. Er ist vergleichsweise schlecht gepflegt, viel mehrfach durchsuchtes Plattenmaterial liegt an der Oberfläche, „frische“ Steine sind nur mit größerem Aufwand zu erreichen. Kommt man da heran, sind sie durchaus fündig, wenn auch etwas schwächer als die oben genannten Brüche. Dafür ist Schamhaupten 2010 Fundort des bisher letzten Archaeopteryx-Fundes geworden.
Es gibt kein Kiosk, keinen Werkzeugverleih, nur ein paar Tische und Bänke sowie eine Notfall-Telefonnummer. Dafür ist der Eintritt frei. - Fossiliensammelstelle Titting: Kein Steinbruch, sondern „nur“ ein Klopfplatz: Hier wird regelmäßig fossilienhaltiger Abraum der umliegenden Steinbrüche abgeladen. Mit etwas Glück findet man Seelilien und Ammoniten, auch kleine Fische sind regelmäßig unter den Funden. Großfunde sind noch unwahrscheinlicher als anderswo, aber man weiß ja nie…
Der Eintritt ist frei, Werkzeug verleiht die Tourist-Info im Ort. Von hier aus sind es noch etwa 1,2 km bis zum Klopfplatz.
Das Bürgermeister-Müller-Museum in Solnhofen
Was sich anhört wie eine Sammlung von verstaubten Pressefotos, Urkunden und Ehrenabzeichen für einen verdient in den Ruhestand abgeschobenen Lokalpolitiker ist tatsächlich eines der bedeutendsten Fossilienmuseen der Welt. Der Bürgermeister von Solnhofen, Friedrich Müller, stellte ab 1954 seine private Fossiliensammlung hier aus und erweiterte sie ständig. Seit 1970 ist das Museum für die Öffentlichkeit zugänglich, 1986 wurde es noch einmal entscheidend erweitert.
Das Museum zeigt einen nahezu vollständigen Querschnitt der Fossilien des Altmühl-Weißjuras, insbesondere aus den oberhalb des Ortes gelegenen Steinbrüchen von Solnhofen und der Langenaltheimer Hardt. Neben zahllosen Fischen sind hier mit die spektakulärsten Fossilien der Gegend dargestellt: Ein Raubfisch, der einen Flugsaurier im Maul hält, der wiederum gerade einen kleinen Fisch gefressen hat. Ein Pfeilschwanzkrebs, der eine über einen Meter lange Fußspur hinter sich herzieht. Die Spuren eines sich häutenden Krebses, samt abgestreifter Exuvie. Dazu kommt der kleine „Raubsaurier von Painten“, das einzige bekannte Fossil des Sciurumimus albersdoerferi. Dieses Jungtier erreichte nur 72 cm Länge und ist nahezu vollständig erhalten. Es zeigt sogar Reste von Federflaum! Vermutlich erreichte die Art ausgewachsen mindestens fünf Meter Länge.
Hauptsächlich ist das Museum aber für seine Urvögel bekannt. Nicht weniger als drei Exemplare werden hier ausgestellt, das ikonische „Solnhofener Exemplar“, der „Chicken Wing“, ein fragmentarisches Exemplar, das vor allem den Unterarmbereich zeigt und das „Nature“-Exemplar, das nach seiner Veröffentlichung sogar das Titelbild der Fachzeitschrift „Nature“ zierte.
Damit hat Solnhofen mit einem ausgestellten Archaeopteryx pro 580 Einwohner die weltweit höchste Dichte an diesen Urvögeln.
Mehr als nur die Ausstellungsstücke vermittelt dieses Museum einen Eindruck, wie es im Jura hier ausgesehen haben könnte. Es gibt ein kleines Reliefmodell des Altmühl-Archipelagos. Anhand der Pflanzen haben Wissenschaftler herausgefunden, dass es hier zwar tropisch warm, aber eher trocken gewesen sein musste. Um sich diese Inseln vorzustellen, muss man allerdings etwas Fantasie mitbringen, denn ein Landschaftsbild oder Modell gibt es nicht.
Dies liegt sicherlich nicht am Geld. Die Ausstattung, vor allem um den Archaeopteryx zeugt von größeren Spenden. Ein Kunststoffmodell des Skelettes kann mit einer Art Kommandostation umfahren werden, auf einem Monitor zeigt dann die Installation zahlreiche Daten und Bilder zum Urvogel an, von der Land-Wasser-Verteilung im Verlauf der Erdgeschichte bis zum Rekonstruktionsversuch. Dieser ist nebenan beinahe noch spektakulärer gelungen. In einer Pyramide wird ein animiertes Hologramm erzeugt, das diesen Dinovogel in Bewegung zeigt.
Nicht nur Fossilien
Im ersten Stock des Hauses bleibt der Focus auf den Steinen des Weißjura, aber mit einem anderen Blickwinkel. Der Arbeitsplatz eines Plattenbrechers um etwa 1880 ist ausgestellt – sogar mit Bierflasche, Plattenbrechen ist eine staubige Tätigkeit.
Ein anderer Teil der Ausstellung im ersten Stock ist der Lithographie gewidmet, die Alois Sennefelder entwickelt hat. Bei dieser Kunst des Steinschnitzens muss die Basisplatte exakt eben und sehr feinkörnig sein, nur Solnhofener Plattenkalk hat das zu bieten. In diese Platte werden Vertiefungen geritzt, in die eine fetthaltige Druckfarbe gespachtelt wird. So können exakte Kopien erstellt werden, lange vor modernen Druckverfahren.
Den Schlusshöhepunkt bilden aber dann doch wieder die Fossilien: In einem kleinen, dunklen Raum unter der Treppe stellt das Museum fluoreszierende Fossilien aus. Diese Eigenschaft haben viele der Altmühl-Fossilien: bestrahlt man sie mit ultraviolettem Licht, werfen sie es als gelbes, orangefarbenes, blaues oder grünes Licht zurück. Diese Eigenschaft erleichtert die Untersuchung von Fossilien und macht viele mit dem bloßen Auge unsichtbare Details sichtbar – außerdem sieht es wirklich spektakulär aus!
War dies bis vor wenigen Jahren beinahe nur Profis vorbehalten, gibt es heute Taschenlampen mit UV-LEDs für wenig Geld. Damit kann man sich diese Möglichkeit auch zuhause eröffnen.
Das Bürgermeister-Müller-Museumist eines der vielen hidden Stars in der deutschen Museumslandschaft. Auf den ersten Blick nicht spektakulär, versteckt im Rathaus eines Dorfes in der tiefsten Provinz rechnet man nie mit einer Ausstellung dieser Qualität. Die großen Naturkundemuseen in Paris, Washington oder New York haben keinen der biologisch und geschichtlich bedeutsamen Urvögel. Bürgermeister Müller kann drei davon zeigen! Fossilien und Bücher werden am Empfang verkauft. Ein Cafe gibt es nicht, aber 50 m weiter auf der anderen Seite der Altmühl ist ein hervorragender Bäcker mit Cafe und Tischen im Freien und an der Altmühl. Die handgemachten Backwaren sind kaum zu schlagen. Die etwas altmodische Darstellung und eine wenig auf Kinder ausgerichtete Ausstellung lässt uns nur 4 von 5 Sternen vergeben.
Adresse: Bahnhofstraße 8; 97807 Solnhofen
Typische Eintrittspreise: Erwachsener € 5,-, mit Steinbruch € 9,-. Kinder € 3,50, mit Steinbruch € 6,00 |
Der Dinosaurier-Park Altmühltal
Die letzte Station war der Dinosaurier-Park Altmühltal. Er liegt in Denkendorf, etwa 50 km östlich von Solnhofen und damit recht weit vom Zentrum der Fossilien-Sucherei entfernt. Anders als die oben beschriebenen Museen handelt es sich um eine auf Gewinnerzielung ausgerichtete Einrichtung. Generell besteht der Park aus einem großen Empfangsgebäude, das neben den Eintrittskassen auch einen großen Andenkenshop und ein ebenso großes Restaurant beherbergt. Hat man dies hinter sich gelassen, gelangt man auf einen zentralen Platz um einen kleinen Teich. Er ist hübsch angelegt, zwei Meeressaurier-Modelle stehen im Wasser, dahinter befindet sich ein Spielplatz mit bespielbaren Dino-Modellen. Die zahlreichen Tische sind dem Restaurant vorbehalten.
Zwei Gebäude, ebenfalls sehr modern gehalten, beherbergen die Fossilien des Parkes. In einem wird der letzte und älteste Archaeopteryx, das Schamhauptener Exemplar, ausgestellt. Die Hinführung an dieses einmalige Fossil ist mäßig ausgiebig und nicht immer zielführend, aber zumindest weitgehend korrekt. Das Fossil selber liegt in einer Sicherheitsvitrine und ist wird sehr angenehm beleuchtet. Qualitativ hochwertige Fotos sind trotz des dicken Glases möglich.
Das andere Gebäude ist ebenfalls Heim für zahlreiche, aber deutlich größere Fossilien geworden. Vor allem Platten mit Fischen, Schildkröten und anderen Funden sind hier zu sehen. Anachronistisch, aber gerade für Kinder interessant ist das Originalskelett eines Tyrannosaurus rex. „Tinker“, die aus Marketinggründen in „Rocky“ umbenannt wurde, ist eine der wenigen Jugendlichen, die bekannt sind. Ebenso wie ein großer, nicht weniger spektakulärer Flugsaurier hat sie zeitlich und räumlich wenig mit den Altmühl-Fossilien zu tun.
Der Rundgang durch den Park ist auch ein Rundgang durch den Wald. Er beginnt mit einem Zeitstrahl, der deutlich belegt: Der Archaeopteryx ist dem T. rex weiter entfernt, als der T. rex uns. Wie üblich beginnt der Weg im Kambrium und führt relativ bald ins Erdmittelalter, wo die Dinosaurier natürlich einen großen Raum einnehmen.
Etwa 70 Modelle finden sich auf dem ca. 1,5 km langen Rundweg, viele von ihnen können mindestens berührt werden, „Finger weg“ ist also eher nicht angesagt. Die Modelle sind weitgehend auf aktuellem Stand, im Wald wirken sie zudem spektakulärer, als in einem Museumsraum. Dieser Rundweg ist für Kinder sicher der absolute Höhepunkt, zumal es mittendrin und am Ende noch einige Mitmach-Stationen gibt.
Da ein solcher Besuch anstrengt, ist natürlich auch für das leibliche Wohl gesorgt. Auch hier zeigt sich der Dinosaurier-Park modern, viele Gerichte sind regional, vegan oder vegetarisch, vollständig in Bio-Qualität.
Leider hat das Ganze seinen Preis. Neben der recht langen Anfahrt von der zentralen Altmühl ist man für eine Familie mit zwei Kindern fast € 55,- für den Eintritt los. Durch die strategisch hervorragend platzierten Restaurant und Andenkenshop, deren Preise sich auch im oberen Segment bewegen, bewegen sich die Kosten für den Besuch schnell auf dreistellige Summen zu.
Dinosaurier-Park AltmühltalDie Ausstellung des Parkes ist auf Familien mit kleinen Kindern ausgerichtet, die sich diesen Besuch viel Geld kosten lassen (müssen). Die Modelle befriedigen meist nicht, Infos sind oft nur vordergründig, obwohl man spürt, dass hier durchaus KnowHow am Werk war. Die wenigen Originale wurden vermutlich aus PR-Gründen angeschafft, denn sie passen eigentlich nicht zur sonstigen Darstellung des Parks. Wir vergeben 2 von 5 Sternen.
Adresse: Dinopark 1; 85095 Denkendorf
An 362 Tagen im Jahr von 9 – 18 Uhr geöffnet
Typische Eintrittspreise: Erwachsener € 19,50; Kind 4-14 Jahre: € 14,50; Familie 2+2: € 54,50; Familie 2+3: € 59,50.
Die Anlage ist nahezu barrierefrei, der Rundgang führt jedoch über typische Waldwege. |
Die Tour an die Altmühl hat allen Beteiligten sehr gefallen. Noch ist die Gegend als Urlaubsziel sehr günstig. Zahlreiche Gasthöfe vermieten Zimmer zwischen 50 und 60 Euro, für nur 20 € bekommt man nahezu überall hervorragendes Essen.