Der Begriff „Globster“ (als Synonym auch „Blob“) bezeichnet tierische Überreste und Kadaver relevanter Größe und undeutlicher Anatomie, die umgangssprachlich häufig als „formlose Masse“ bezeichnet werden. Häufig berichten Zeugen von „Haaren“ oder „Fell“. Globster werden an Meeresküsten – oder in selteneren Fällen an Fluss- oder Seeufern – angeschwemmt oder gefunden und sind für die Kryptozoologie von Interesse.
Der vielleicht bekannteste Fall eines klassischen, weißlich-organisch und unförmigen Globster ist das sogenannte Monster von St. Augustine, angeschwemmt 1896 in St. Augustine, Florida. Von einigen als gigantischer Oktopus angesehen, entbrannte eine jahrelange Diskussion über die wahre Identität des Monsters. Die letzte wissenschaftliche Publikation von 2004 verkündete nach entsprechenden Analysen jedoch, dass es sich um nichts weiter als Blubber (eine je nach Art auch unterschiedlich dicke Fettschicht von Walen und Robben, die zwischen Haut und Muskeln bzw. Fleisch liegt und im kalten Wasser vor Unterkühlung schützt) eines Wals handelte.
Auch andere Blobs wie der von Chile (2003), Tasmanien (1960/62), Bermuda (1988 und 1997) oder der Nantucket-Globster (Massachusetts, 1996) wurden getestet und haben sich als nichts weiter als Überreste von Walen beziehungsweise Walblubber herausgestellt (Pierce, et. al., 2004).
Handelt es sich beim Neuseeland- oder Muriwai Beach-Globster von 1965 ebenfalls um Walüberreste?
Lage von Muriwai in der Nähe der neuseeländischen Hauptstadt Auckland, Fundort des Globster
Der Fall in der Literatur
Timothy Dinsdale in „The Leviathans“ von 1966 (beziehungsweise in der Neuauflage „Monster Hunt“ von 1972) zitiert aus dem australischen Townsville Bulletin:
„Mysteriöse Masse von Fleisch und Haar – Auckland, N.Z. (A.A.P.)
Beamte rätseln über eine große, unförmige Masse von Fleisch und Haaren, die hier im Sand von Muriwai Beach erschien.
Das „Ding“ wurde erstmals eine Woche zuvor von einem Marineabteilungsoffizier entdeckt. Da war der haarige Blob aus Fleisch 9 Meter lang und 2,4 Meter hoch. Es wird langsam vom Sand verschluckt, aber mehr als 6 Meter davon konnten gestern noch gesehen werden. ’Auckland Universitäts-Vorsitzender der Zoologischen Abteilung (Professor J. E. Morton) sagte: ‚Man kann Wale wegen des Haars ausschließen und man kann See-Elefanten und Seekühe wegen ihrer Größe ausschließen. Das Objekt hat eine zähe, viertel-zoll dicke Haut. Unter dieser ist, was wie eine Schicht aus Fett erscheint, dann festes Fleisch. Haar, 10 bis 15 Zentimeter lang, erstreckt sich in der Länge. Aus dem Fell geschnitten und sauber gewaschen, hat das Haar eine weiche, wollige Textur.‘ Ein leitender-Forstbeamter, der vorsichtig die Masse aus Fleisch anstach sagte, er habe zuerst gedacht, der Blob könnte ein toter Wal sein. ‚Aber haben sie jemals einen Wal in einem Fellmantel gesehen?‘ fragte er.’ (Mystery mass of flesh and hair, 1965).
Das Magazin Pursuit informiert (Anonymous, 1968) nach einer kurzen Einleitung mit Bezug zum Tasmanischen Globster von 1962, dass
„nun ein anderes solches Objekt aufgetaucht ist an einem Strand an der Ostküste der Nordinsel, Neuseeland. Dieses wurde vom Auckland Star wie folgt beschrieben: Was ist es? Theorien zu diesem langsam in den weichen Sand von Muriwai Beach versinkendem Objekt variierten heute von ‚einem Seemonster‘ zu es könnte ein ungewöhnlicher Elefant der auf See starb sein. Das Monster liegt 15 Meilen den Strand hoch. Es ist 20 Fuß lang und hat eine ¼ inch dicke Haut. Unter dieser ist, was wie eine Schicht aus Fett erscheint, dann festes Fleisch. Es ragt etwa einen Meter über den Sand hinaus, der es langsam verschlingt, und ist mit sandmatten grauen Haaren bedeckt, die vier bis sechs Zoll lang sind. Aus der Haut geschnitten und sauber gewaschen, hat das Haar eine weiche, wollige Textur.
Zu heute gezeigten Fotos, sagte Professor J. E. Morton, Leiter der zoologischen Fakultät der Auckland University: ‚Man kann Wale wegen des Haars ausschließen und man kann See-Elefanten und Seekühe wegen ihrer Größe ausschließen. Mir fällt nichts ein, dem es ähnelt‘. Offizielle der Marine- und Forstabteilung sind ebenso perplex davon. Ein Beamter der Marineabteilung, der als erster die haarige, formlose Masse vor mehr als einer Woche sah, sagte sie maß dann 30 Fuß auf etwa 8 Fuß. Ein leitender Forstbeamter der es gestern sah sagte, er habe zuerst gedacht, das Monster könnte ein Wal sein. ‚Aber wo haben sie jemals einen Wal in einem Fellmantel gesehen?‘ fragte er.“
Auch die Kryptozoologie interessiert sich für den Globster
Im Kontext zu einem Artikel über den Bermuda-Blob und ähnliche Globster im vierteljährlich erscheinenden ISC-Newsletter (Nr. 7, Ausgabe 3, 1988) greift auch J. Richard Greenwell, der geschäftsführende Sekretär der ehemaligen International Society of Cryptozoology, diesen Fall auf:
„Der neue Globster erschien bei Muriwai Beach, auf der östlichen Nordinsel, im März von 1968. Er wurde durch einen Marineabteilungsbeamten entdeckt und beschrieben als 9 Meter lang und 2,4 Meter hoch. Der Kadaver wurde, wieder, als „haarig“ bezeichnet. Professor J. E. Morton, Vorsitzender der Zoologischen Abteilung an der Universität von Auckland, wurde durch die Presse zitiert: ‚Ich kenne nichts, was dem ähnelt.’ Unglücklicherweise sind zu diesem Zeitpunkt keine weiteren Details über eine Untersuchung, Schlussfolgerungen oder das endgültige Naturell des Neuseeland-Globsters verfügbar.“
Da Greenwell keine Quellen angab, bleibt unklar wie es zur Fehldatierung des Jahres und der Verortung an der Ost- statt Westküste der Nordinsel kam. Möglicherweise lag ihm als Quelle das bereits zitierte Pursuit-Magazin vor, welches ebenfalls die Ostküste benennt und im Jahr 1968 erschien.
Eine dritte vor 2012 relativ häufig im Internet zitierte Quelle ist der Online-Artikel „Globsters“ von John Moore, der sich im Wesentlichen auf Dinsdale (1972) stützt:
Im März 1965 wurde ein anderer Globster gefunden, aber diesmal in Neuseeland bei Muriwai Beach. Er war 9 Meter lang und 2,4 Meter hoch.
Der Vorsitzende der zoologischen Abteilung der Auckland Universität, J. E. Morton, sagte: „Das Objekt hat eine zähe, viertel-zoll dicke Haut. Unter dieser ist, was wie eine Schicht aus Fett erscheint, dann festes Fleisch. Haar, 10 bis 15 Zentimeter lang, erstreckt sich in der Länge. Aus dem Fell geschnitten und sauber gewaschen, hat das Haar eine weiche, wollige Textur.“
Bei diesem Text handelt es sich nach Auskunft von Moore um eine gekürzte Entwurfsfassung des ausführlicheren Artikels mit dem Titel „What are the Globsters?“ der in der ersten Ausgabe des vergriffenen Magazins „Cryptozoology Review“ publiziert wurde (Moore, John, pers. Komm., 27. Februar 2012).
Die Identifikation in der Literatur
Tatsächlich berichtete die Presse noch im selben Monat in dem der Fund überhaupt bekannt wurde über die Identifikation. So zum Beispiel der Auckland Star:
„Heutige Labortests durch die zoologischen Spezialisten der Auckland Universität an Teilen der ‚haarigen‘ Masse angeschwemmt bei Muriwai Beach, identifizierten es als die ‚lange verwesten‘ Überreste eines Wals. Ältere Studenten, die sich letzte Nacht nach Einbruch der Dunkelheit an den Strand wagten, machten dies in kurzen Kurven, indem sie sich gegen den Wind zurückzogen, um ein beträchtliches Stück aus der Masse zu schneiden, die bis dahin noch tiefer in den Sand gesunken war. Die Dozentin für Zoologie, Frau J. Robb, sagte heute, die Haut und der größte Teil des Blubber seien von dem riesigen Fleischhaufen abgescheuert oder abgefressen worden, wodurch ein faseriges Gewebe zurückblieb, das so gleichmäßig zerfetzt wurde, dass es wie Haar aussah. ‚Wir sind überzeugt von unserer Identifikation,‘ sagte Frau Robb. ‚Es ist ein sehr toter, sehr stinkender Wal‘“ („Whale“ of a mystery is sovled, 1965).
Etwas kürzer folgt auch The Age: „Ein ‚haariges Monster‘ bei Muriwai Beach, 30 Meilen von Auckland, angeschwemmt ist ein ‚sehr toter, sehr stinkender Wal,‘ sagte die Zoologische Dozentin der Auckland Universitäts, Frau J. Robb, heute“ (Stranded monster was whale, 1965).
Dinsdale (1966) waren diese Presseberichte offenbar nicht bekannt, er schrieb stattdessen im Zuge seiner Recherchen einen Brief an die Zoologische Abteilung der Auckland Universität. Von dort bekam er eine geerdete Antwort eben jener Biologin Joan Robb:
„Die Berichte über seine Behaarung wurden durch einen enthusiastischen Zeitungsreporter gemacht… Sicherlich, die Fotografien die er gemacht hat, schienen dicht verfilzte Fasern zu zeigen, mehrere Zentimeter lang. Als ich einige dieser Fasern aber selbst untersuchte, war es offensichtlich, dass es lange Stränge von faserigem Bindegewebe waren – alles was von den wenigen Inches des äußersten Blubber blieb, die weicheren Teile des Gewebes wurden entweder zerkaut oder zerkleinert von kleinen Fischen, usw., oder erosiv entfernt durch die Einwirkung von Sand und Wasser. Indes die Identifikation der exakten Art (von Wal) nicht möglich war, war es sehr wahrscheinlich ein Buckelwal. Es tut mir leid, nichts Aufregenderes zu berichten zu haben.“
Hoffnungsvoll merkte der Autor im Übrigen an, „diese klare und, ohne Zweifel akkurate Bewertung wird in Zukunft helfen das Problem von ‚haarigen Kadavern‘ zu lösen, die weiter an unterschiedlichen Orten erscheinen werden“.
Das Pursuit-Magazin (1968) spekuliert in Unkenntnis dessen unter anderem über bereits genannte Identitäten wie See-Elefant und Seekuh, stellt letztlich aber eine relevante Frage: „ob es echtes und wirkliches Haar oder waren es die zerfetzten Fasern von Blubber, die von allem Fettgewebe befreit wurden, was so wie Haare aussieht und wie es bei lange-toten gestrandeten Walen üblich ist?“
Greenwell (1988) übersah Dinsdale als Quelle ebenfalls, ganz im Gegensatz zu Moore (2012):
„Nach J. Robb war die Kreatur nicht mit Haar bedeckt, sondern mit Fasern aus Bindegewebe. Dies waren, nach Robbs Meinung, die Überreste von Blubber, und der Kadaver war ein Wal, eventuell ein Buckelwal.“
2012 kontaktiert der Autor dieses Beitrages nochmals Joan Robb und veröffentlicht die Konversation im Artikel „Der Neuseeland-Globster von Muriwai Beach“ (2012):
„Mit freundlicher Hilfe der mittlerweile im Ruhestand befindlichen Joan Robb (pers. Komm., 29.02.2012 und 04.03.2012) können an dieser Stelle nochmals einige weitere und klarstellende Ausführungen hierzu und zum Fall des neuseeländischen Globsters an sich aus erster Hand wiedergegeben werden:
„‘1965 reiste ich nach Muriwai Beach um das „Monster“ zu untersuchen und ich habe keine Zweifel dass es ein lange toter Wal war, dessen Kadaver Gott weiß wie lang über die Ozeane trieb. Während dieser Zeit wurde er von Myriaden von kleinen marinen Organismen attackiert – sowohl Wirbeltiere als auch Wirbellose – die sich von solchen Dingen ernähren. Durch ihr Fressen und die generelle Verwesung wurde alles weiche Gewebe des Blubbers ausgeräumt, und nur die langen Stränge von zähem Bindegewebe, das solches Material durchzieht, übriggelassen.
Der Kadaver war eine große, stark riechende Masse und ich nahm nur einige wenige faserige Stränge bevor ich mich zurückzog. […] Für mich sah die Erklärung eindeutig aus und ich sah nicht vorher, dass der „Monster“-Mythos, verursacht durch die Presse, in späteren Jahren wieder erschien.
Unglücklicherweise verstarb Prof. Morton letztes Jahr, so dass wir ihn nicht mehr nach seinen Erinnerungen fragen können, aber ich bin sicher, dass seine Kommentare zu dieser Zeit auf Pressefotografien beruhten und er die Überreste nicht besuchte. Soweit ich weiß, wurde die obige Erklärung akzeptiert und kein weiteres Interesse genommen – ein Fall von „Fall abgeschlossen“ – daher gab es keinen Grund irgendetwas in wissenschaftlicher Literatur zu publizieren über einen weiteren an einem Strand angeschwemmten toten Wal.‘
Sie führt des Weiteren zu ihrer Aussage, es könnte ein Buckelwal gewesen sein, aus:
‚Das wichtige Wort in meinem Kommentar über die Identität des Wals ist ‚wahrscheinlich’ – Buckelwale sind die häufigsten Wale entlang unserer Westküste, daher der am wahrscheinlichsten involvierte. Zudem, da das Skelett vermutlich noch immer intakt in der generellen Masse war, beurteilte ich den allgemeinen Umriss und die Größe der Überreste als suggestiv für einen Buckelwal – wie auch immer, keinesfalls war dies eine positive Identifikation!‘“
Alles in allem decken sich die eingangs erwähnten Erfahrungswerte aus Untersuchungen ähnlicher Globster mit den 1965 getätigten Laboranalysen der Auckland Universität: beim Muriwai Beach-Globster handelt es sich um Überreste eines Wals.
Quellennachweis
- Anonymous. (24. März 1965). „Mystery Mass of Flesh and Hair“. Townsville Bulletin.
- Anonymous. (24. März 1965). “’Whale’” of a mystery is solved”. Auckland Star.
- Anonymous. (25. März 1965). “Stranded monster was whale”. The Age.
- Anonymous. (1968). More Globsters. Pursuit.
- Dinsdale, T. (1966). The Leviathans. London: Routledge & Kegan Paul
- Dinsdale, T. (1972). Monster Hunt. Acropolis Books, Washington D. C.
- Ellis, Richard (1994), Monsters of the Sea. New York: Alfred A. Knopf
- Greenwell, J. R. (1988) Bermuda Blob remains unidentified. ISC Newsletter 7 (3)
- Hemmler, Markus. (2012). Der Neuseeland-Globster von Muriwai Beach. Der Kryptozoolgoie-Report. Berlin: Eigenverlag Hans-Jörg Vogel.
- Moore, John. Globsters
- Moore, John. What are the Globsters. Entwurfsfassung.
- Pierce, S., S. Massey, N. Curtis, G. Smith, C. Olavarría & T. Maugel 2004. Microscopic, biochemical, and molecular characteristics of the Chilean Blob and a comparison with the remains of other sea monsters: nothing but whales. Biological Bulletin 206: 125–133.
Bildnachweis
- File:Ecomare – gestrande bultrug op Razende Bol (bultrug2012-razende-bol-412-sw).jpg. (2022, Februar 21). Wikimedia Commons, . Retrieved 08:45, Mai 22, 2022 from https://commons.wikimedia.org/w/index.php?title=File:Ecomare_-_gestrande_bultrug_op_Razende_Bol_(bultrug2012-razende-bol-412-sw).jpg&oldid=631387271.
- Muriwai Beach-Globster: Unbekannt
In: Greenwell, J. R. (1988) Bermuda Blob remains unidentified. ISC Newsletter 7 (3)