Der Beutelwolf, wiss. Thylacinus cynocephalus, auch tasmanischer Tiger oder Tylacine genannt, ist der größte, in jüngster Zeit vorkommende Raubbeutler.
Ursprünglich in ganz Australien und Neuguinea heimisch, starb er mit dem Auftreten der Aboriginals und ihrer Dingos aus. Er hat nur auf der im Südosten vorgelagerten Insel Tasmanien überlebt. Beutelwölfe waren lehmbeige gefärbt und hatten dunkle Querstreifen am Rücken. Sie erreichten eine Schulterhöhe von etwa 60 cm und eine Kopfrumpflänge von 85 bis 130 cm. Sie wogen etwa 15 bis 30 kg, waren also so groß wie ein mittelgroßer bis größerer Hund, z.B. ein Dalmatiner.
Obwohl er nicht mit dem Wolf verwandt war (die Entwicklungslinien beider Tiere trennen sich spätestens in der Kreidezeit), wirken beide Tiere sehr ähnlich. Die Körperproportionen und das Gebiss, sogar die Schädel ähneln einander sehr.
Beutelwölfe waren in der Regel nachtaktiv, sie jagten kleinere Tiere wie Wallabys, Nasenbeutler, Possums und Kaninchen. Vermutlich lebten sie alleine oder in kleinen Gruppen. Anders als die verwandten Beutelteufel waren sie wenig aggressiv und benahmen sich dem Menschen gegenüber sehr zahm.
Nach der Einführung von Schafen galten die Beutelwölfe als „blutrünstige Jäger“ und wurden von den Schafzüchtern unerbittlich verfolgt. 1860 galt die Art als selten und lebte nur noch in den Bergregionen im Südwesten, 1910 wurden die Zoos auf den Beutelwolf aufmerksam.
Beutelwölfe in Zoos
Beutelwölfe galten als wenig attraktive Zootiere. In den damaligen Haltungen waren sie nicht sehr aktiv, außer bei der Fütterung oder dem Drohgähnen zeigten sie kaum ein Verhalten, das Zoobesucher ansprach.
Natürlich wurden die meisten Beutelwölfe in australischen Zoos gehalten:
- Beaumaris Zoo (Hobart): ~ 45 Individuen
- City Park Zoo (Launceston): ~ 66 Individuen
- Adelaide: ~ 22 Individuen
- Melbourne: ~ 48 Individuen, hier erfolgte 1899 der einzige Wurf in einem Zoo
- Sydney (Taronga): 1 Tier
- Sydney (Moore Park): ~ 2 Tiere
In Europa wurden Beutelwölfe nur in fünf Zoos gehalten:
- London: 1850 – 1931
Insgesamt hielt der Zoo London zwischen 1850 und 1931 20 Individuen, meist einzeln.
Gesichert sind folgende Eingänge:- 1850: 1 Paar Wildfänge aus Tasmanien
- 1856: 1 Wildfang (Männchen)
- 1866: 1 Paar Wildfänge
- Berlin: 1864 – ein Jungtier, das nur 4 Monate überlebte
- Berlin: 1871 – 1873, ein Tier unbekannten Geschlechtes
- Paris: 1888 – 1891, ein Paar aus dem Zoo Melbourne
- Berlin: 1902 – 1908: Ein Paar, aber keine Zucht
- Köln: 1903 – 1910: 2 Männchen
- Antwerpen: 1912 – 1914: 1 Männchen aus dem Zoo Melbourne
- das letzte Tier in Europa lebte von 1926 bis zum 9. August 1931 im Zoo London
(Quelle: Zootierliste.de)
Hinzu kommen Haltungen in New York (Bronx Zoo, 4 Tiere), Washington D.C. (5 Tiere) und möglicherweise ein Einzeltier in Madras.
Trotz zahlreicher Haltungen in Zoos kam es nur zu einem einzigen Wurf 1899 in Melbourne.
Auch die Zoohaltung endete tragisch
Der einzige Zoo, der wirklich Erfahrung mit der Haltung von Beutelwölfen hatte, war der private Beaumaris Zoo in Hobart. Die Weltwirtschaftskrise und die Große Depression in den 1930er Jahren schadeten dem Zoo wirtschaftlich sehr. Man war gezwungen, viele erfahrene Tierpfleger zu entlassen und sie durch Arbeitslose zu ersetzen, die für staatliche Hilfe arbeiten mussten.
Die Konsequenzen lagen auf der Hand: Die Qualität der Tierhaltung litt, es gab weniger Geld für Futter und Tierärzte. Zudem machten sich einige der „Hilfspfleger“ einen Spaß daraus, gegen die Gitter der Käfige zu schlagen, um die Tiere darin zu Reaktionen zu bewegen. Bilder zeugen vom sich verschlechternden Zustand der Tiere 1936, ein Film zeigt einen Mann, der gegen den Käfigzaun bollert.
Der letzte bekannte Beutelwolf starb in der Nacht vom 6. auf den 7. September 1936 im Beaumaris Zoo in Hobart.
Der Zoo wurde 1937 aus finanziellen Gründen geschlossen.
Beutelwölfe in Museen
Alle bekannten Präparate von Beutelwölfen werden in einer Datenbank, der Thylacine Specimen Database aufgeführt. Meist befinden sie sich wegen des Alters und schlechter Vorbereitung vor der eigentlichen Präparation heute in einem schlechten Zustand. Viele werden deswegen und natürlich, weil sie nicht wieder zu beschaffen sind, in den Magazinen der Museen gelagert.
Beutelwolf-Präparate gibt es in Deutschland in folgenden Museen zu sehen:
- Alfeld (Leine): Tiermuseum
- Berlin (Museum für Naturkunde)
- Bremen (Übersee-Museum)
- Darmstadt (Hessisches Landesmuseum, Darmstadt)
- Frankfurt a.M. (Senckenberg-Museum)
- Halle an der Saale (Zoologisches Museum der Universität)
- Heidelberg (Zoologisches Museum der Universität)
- Mainz (Naturhistorisches Museum)
- München (Zoologische Staatssammlung, hat keine öffentliche Ausstellung)
- Münster (LWL-Museum für Naturkunde)
- Stuttgart (Staatliches Museum für Naturkunde)
- Tübingen (Zoologisches Museum der Universität)
Außerhalb Deutschlands (auszugsweise):
- Brüssel, Belgien (Institut Royal des Sciences Naturelles)
- Genf, Schweiz (Muséum d’histoire naturelle de la Ville de Genève)
- Leiden, Niederlande (Naturalis)
- Neuenburg, Schweiz (Musée d’Historie Naturelle Neuenburg)
- Wien, Österreich (Naturhistorisches Museum)
- Zürich, Schweiz (Zoologisches Museum der Universität)
- London, Großbritannien (Natural History Museum)
- Tring, Großbritannien (Natural History Museum at Tring)
Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Es ist davon auszugehen, dass nahezu jedes große naturhistorische oder naturkundliche Museum irgendwo ein Beutelwolf-Präparat in seiner Sammlung hat.
Der Beutelwolf ist aus mehreren Gründen in der Kryptozoologie populär:
- Es gibt immer wieder angebliche Sichtungen von lebenden Tieren in Tasmanien, aber auch auf dem australischen Festland. In der Regel stellen sich diese Tiere als räudige Füchse dar, aber nicht alle Fälle können so belegt werden.
- Einzelne Funde deuten auf ein Aussterben deutlich nach 1936 hin.
- Zahlreiche Präparate existieren, aus denen möglicherweise DNA oder ganze Zellkerne entnommen werden könnten. Einige Wissenschaftler hoffen, damit lebende Tiere züchten zu können. Bisher sind alle Versuche gescheitert.
- Einige statistische Untersuchungen scheinen zu belegen, dass der Beutelwolf mindestens bis in die 1960er in unzugänglichen Gebieten Tasmaniens überlebt haben könnte.
Der Beutelwolf war mehrfach Thema unserer Beiträge
05.11.2019: Neues vom Beutelwolf: Das „Right to Information RTI“-Gesetz Australiens hat Akten der Umweltbehörde zu Beutelwolfbeobachtungen zugänglich gemacht.
08.09.2020: Zum 84. Todestag ein Nachruf auf den letzten Beutelwolf und der Versuch, dessen unklare Identität zu klären.
26.11.2020: Nur indirekt zum Beutelwolf, aber sehr lesenswert: Zu Rotfüchsen in Tasmanien
02.02.2021: Eine neue Studie betrachtet das Aussterbedatum des Beutelwolfes. Sie hat ziemlich Staub aufgewirbelt.
23.02.2021: Mal wieder hat jemand behauptet, mit einer Kamerafalle lebende Beutelwölfe fotografiert zu haben. Folgemeldung und die 2. Folgemeldung.
18.03.2021: Zusammenfassung der teils chaotischen Meldungen von Februar 2021 und 1. Vorstellung des Adamsfield-Kadavers. Gerüchteweise handelt es sich hier um einen Anfang der 1990er Jahre geschossenen Beutelwolf.
07.09.2021: Zum 85. Todestages des Endlings: In Tasmanien nichts Neues?
24.02.2022: Aus den News: Australier filmt vermeintlichen Beutelwolf in Melbourne
06.12.2022: Fell des letzten bekannten Beutelwolfs gefunden – Klärung der Identität
16.12.2022: Kritische Zusammenfassung der Ereignisse um den Beutelwolf im Jahr 2022
07.03.2023: Ein neues Foto ist aufgetaucht, das angeblich einen Beutelwolf zeigt. Leider wieder nichts.
27.07.2023: Zusammenfassung der News der letzten Monate, insbesondere zu den letzten bekannten Tieren
10.08.2023: Zusammenfassung der News der letzten Monate: Was geschah nach dem 7. September 1936?
24.08.2023: Neuere Untersuchungen zum Adamsfield-Kadaver.
Weiterführende Links
- The Thylacine Museum – die vermutlich beste Webseite zum Thema Beutelwolf (auf englisch)
- Thylacine Specimen Datablase – Die Datenbank aller erhaltenen Beutelwolf-Präparate (auf englisch)